Der Arzt als Präventions-Manager
Prävention ist sinnvoll – heute gesundheitsbewusst leben, um auch in Zukunft gesund zu bleiben. Vielen Menschen ist das klar, und doch bleibt es oft bei guten Vorsätzen. Häufig sind Ärztinnen und Ärzte die entscheidenden Impulsgeber für präventive Maßnahmen bei den Patienten. Das kommt nicht von ungefähr: Der Arzt kennt seine Patienten, die Krankheitsgeschichten, das familiäre und soziale Umfeld. Mit diesem Wissen kann der Arzt zielgerichtet und situationsspezifisch den Patienten zu präventivem Verhalten motivieren. Diese Motivation funktioniert umso besser, je genauer die Patientensituation berücksichtigt wird. Der Arzt mit seinem Detailwissen um die Patientensituation ist der ideale Manager in der Prävention. Politiker sehen das anscheinend anders: Bundestag und Bundesrat haben 2015 das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) beschlossen. Doch bedauerlicherweise tritt der Arzt in wichtigen Bereichen im PrävG nicht so in Erscheinung, wie man das aufgrund seines Präventionspotenzials erwarten würde. In der „Nationalen Präventionskonferenz“ sind Ärzte nicht vertreten und an der Erarbeitung einer nationalen Präventionsstrategie ist ihre Teilnahme nicht vorgesehen. Die Ansätze in der Präventionspolitik sind gut, aber sie greifen zu kurz. Ärztinnen und Ärzte können und sollen in der Prävention eine zentrale und sinnvolle Rolle spielen. Dafür gibt es eine Reihe von Beispielen die zeigen, wie gut Präventionsaktionen mit Beteiligung von Ärzten funktionieren bzw. wie wichtig die Einbindung des Arztes in ein individuelles Präventionskonzept ist.
Rezept für Bewegung
Ein solches Beispiel ist das „Rezept für Bewegung“. Dieses Projekt hat die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) gemeinsam mit dem Bayerischen Sportärzteverband e. V. (BSÄV) und dem Bayerischen Landes-Sportverband e. V. (BLSV) im Oktober 2011 erfolgreich gestartet. Kernpunkt ist ein Motivationsgespräch zwischen Arzt und Patient. Das ausgedruckte Rezept für Bewegung ist für den Patienten eine schriftliche Empfehlung und für den Übungsleiter eine wichtige Informationsquelle, welche Bewegungsangebote für diesen Patienten sinnvoll sind. Die Präventionswirkung der Aktion „Rezept für Bewegung“ und auch die Motivationsrolle des Arztes werden derzeit in einer Evaluationsstudie der Universität Regensburg untersucht. Eventuell gibt es dafür sogar eine finanzielle Förderung durch Mittel aus dem PrävG.
PEP
In Nürnberg wurde 1993 das prospektive Präventions-Erziehungsprogramm „PEP“ ins Leben gerufen, um der Entstehung gesundheitlicher Risiken und einer gesundheitsgefährdenden Lebensweise frühzeitig entgegenzuwirken und damit zur Prävention von Erkrankungen beizutragen. Bei diesem Projekt werden rund 1.300 „PEP“-Familien jährlich über 14 Jahre hinweg im Hinblick auf die Lebensweise, aufgetretene Erkrankungen und bereits vorhandene Risikofaktoren interviewt und untersucht. Auch bei diesem Präventionsprojekt haben Ärzte, neben der Startinitiative, eine wichtige Funktion übernommen und einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen dieses Langzeitprojektes geleistet.
Impfen
Gerade beim Impfen kommt der ärztlichen Aufklärungs- und Beratungsleistung gegenüber dem Patienten eine wichtige Funktion zu. Positiv ist, dass das PrävG durch eine Reihe gesetzlicher Maßnahmen die Impfprävention fördert. Der Impfschutz soll zum Beispiel bei allen Routine-Gesundheitsuntersuchungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie den Jugendarbeitsschutzuntersuchungen überprüft werden. Außerhalb dieser Untersuchungen ist es häufig der Arzt, der das Thema Impfen bei Patienten anspricht und sie gegebenenfalls zu einer Impfung motiviert.
Potenzial
Diese Beispiele zeigen, was in der Prävention möglich ist, wenn wir Ärztinnen und Ärzte vernünftig eingebunden werden. Das betrifft nicht nur die Beratung der Patienten, oft geht die Initiative und Motivation für präventives Verhalten von uns Ärzten aus. Ärzte sind in vielen Bereichen in Vorleistung gegangen und haben viel Zeit in die Präventionsarbeit investiert. Es ist schade, dass diese Hebel- und Verstärkerwirkung im PrävG nicht optimal berücksichtigt wurde. Dieses ungenutzte Motivationspotenzial geht für die Patienten verloren. Es ist deshalb unverständlich, wieso auf der einen Seite 500 Millionen Euro für Präventionsmaßnahmen aus den Krankenkassentöpfen ausgegeben werden, und auf der anderen Seite das Präventionspotenzial der Ärzte nicht besser genutzt wird.
Durch effiziente Präventionsarbeit lässt sich der Lebensstil der Menschen beeinflussen und eine Vision einer besseren Lebensqualität könnte Realität werden: Die Verbesserung der Gesamtgesundheit der Bevölkerung. Und das gilt nicht nur für die Primärprävention. Gerade auch in der Sekundär- und Tertiärprävention kann die Lebensqualität bereits erkrankter Patienten verbessert werden. Zum Beispiel durch Bewegung und Ernährung. Hier ist es ganz besonders wichtig, dass der Arzt den Patienten untersucht und die Vorerkrankungen berücksichtigt, um ein passendes Präventionsangebot für den jeweiligen Patienten zu finden. Wo für den einen Patienten Laufen oder Schwimmen angezeigt ist, hilft einem anderen etwas Gymnastik zu Hause. Alle Beispiele zeigen, dass in der Prävention vor allem der ärztliche Sachverstand gefragt ist. Die Präventionsangebote der Krankenkassen sind grundsätzlich gut, aber sie gehören in ein Präventionskonzept eingebettet. Deshalb sollte die Ärzteschaft in der „Nationalen Präventionskonferenz“ vertreten sein und bei der Erarbeitung einer nationalen Präventionsstrategie mitarbeiten. Klar ist aber auch, dass es für ärztliche Präventionsleistungen eine angemessene Vergütung geben muss.
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