Prävention? Ja bitte, aber richtig!

Dr. Heidemarie Lux, Vizepräsidentin der BLÄK

Beim vierten Anlauf könnte es klappen: Das Bundeskabinett hat am 17. Dezember 2014 beschlossen, den Entwurf für das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) in die parlamentarische Beratung einzubringen. Vor zehn Jahren hat die damalige rot-grüne Bundesregierung den ersten vergeblichen Anlauf für ein PrävG gestartet. Weitere glücklose Initiativen folgten. Ziel des PrävG ist es, die Gesundheitsförderung und Prävention insbesondere in den Lebenswelten der Bürgerinnen und Bürger auch unter Nutzung bewährter Strukturen und Angebote zu stärken, die Leistungen der Krankenkassen zur Früherkennung von Krankheiten weiterzuentwickeln und das Zusammenwirken von betrieblicher Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz zu verbessern. Neben der gesetzlichen Krankenversicherung sollen auch die gesetzliche Renten-, Unfall- sowie die soziale Pflegeversicherung eingebunden werden.

Positive Ansätze

  • Die Krankenkassen sollen ab 2016 jährlich mindestens sieben Euro je Versicherten für Präventionszwecke ausgeben. Davon entfällt ein Mindestbeitrag von zwei Euro auf Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung und mindestens zwei weitere Euro müssen für Leistungen zur Prävention in Lebenswelten zur Verfügung gestellt werden.
  • Prävention in Lebenswelten und betriebliche Gesundheitsförderung wird gestärkt.
  • Kinder- und Jugenduntersuchungen werden bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ausgeweitet. 

Kritikpunkte

  • Der GKV-Spitzenverband legt die Kriterien der Zertifizierung von Leistungsangeboten der Krankenkassen selbst fest.
  • Der GKV-Spitzenverband legt Handlungsfelder und Kriterien für die primärpräventiven Leistungen fest.
  • Nennung von Gesundheitszielen im § 20 Abs. 3, die nicht verpflichtend vom GKV-Spitzenverband berücksichtigt werden müssen.
  • Inanspruchnahme von Leistungen zur Primärprävention ist mit und ohne ärztliche Empfehlung möglich.
  • Versäumt wurde im neuen Gesetz, bei den Präventionsempfehlungen für Kinder und Jugendliche die Frühen Hilfen nach Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) einzubinden.
  • Es ist keine Bewertung des Erfolgs der primärpräventiven Maßnahmen beim Patienten durch den Arzt vorgesehen.
  • Von den vorgesehenen sieben Euro für Präventionsmaßnahmen verbleiben den Kassen drei Euro zur Finanzierung der eigenen Kurse.
  • Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), eine Bundesbehörde, wird durch die Mitgliedsbeiträge der Versicherten querfinanziert.
  • Eine ärztliche Beteiligung an der Nationalen Präventionskonferenz ist nicht vorgesehen.
  • Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nimmt eine kostenneutrale Umstrukturierung der bestehenden Gesundheitsuntersuchungen vor.
  • Die Altersgrenze von 35 Jahren für die Gesundheitsuntersuchung bei Erwachsenen und das Inanspruchnahmeintervall, derzeit alle zwei Jahre, wird aufgehoben.

Korrekturbedarf

Ärztinnen und Ärzte spielen in der Prävention eine zentrale Rolle. Wer sonst kennt den Gesundheitszustand seiner Patienten so gut und weiß, wie man sie am besten für Prävention motiviert oder sogar begeistert? Es ist deshalb unverständlich, warum Ärzte im PrävG nicht als zentrale Präventions-Schaltzentrale vorgesehen sind. Gerade wir Ärztinnen und Ärzte erreichen Patienten aller gesellschaftlichen Schichten. Da würde es sich doch anbieten, unsere Kompetenzen im Rahmen der Primärprävention zu stärken.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Nicht-Beteiligung der Ärzteschaft an der „Nationalen Präventionskonferenz“. Hier sollen Sozialversicherungsträger, Ministerien, Länder- und Patientenvertreter als Mitglieder berücksichtigt werden. Die Vertretungen der ärztlichen Spitzenorganisationen sind nicht Mitglied der Nationalen Präventionskonferenz und es ist nicht vorgesehen, dass sie bei der Erarbeitung einer nationalen Präventionsstrategie mitarbeiten. Warum die Berufsgruppe, die in der Prävention eine zentrale Rolle spielt, nicht beteiligt wird, ist völlig unverständlich. 

Ärztinnen und Ärzte können nicht gratis arbeiten. Eine finanzielle Honorierung von Präventionsleistungen, wie Präventionsberatungen und Untersuchungen, ist notwendig und sollte mit der Einführung des PrävG geregelt werden. Die Bundesärztekammer (BÄK) forderte kürzlich: „Bei einer qualitativen Neugestaltung der ärztlichen Vorsorge muss die Honorierung der Untersuchungen jedoch ergebnisoffen und leistungsbezogen diskutiert werden“. Dieser Forderung kann man nur zustimmen. 

Prävention lebt davon, dass Ärztinnen und Ärzte sich dafür einsetzen und im Idealfall auch vorleben. Auch die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) unterstützt seit vielen Jahren aktiv die verschiedensten Präventionsprojekte. Besonders die Aktion „Rezept für Bewegung“ ist ein großer Erfolg, an dem sich viele Ärztinnen und Ärzte beteiligen. Neben der Teilnahme an Präventionsveranstaltungen und Präventionsaktionen ist vor allem die Öffentlichkeitsarbeit eine wichtige Aufgabe, die die BLÄK übernimmt. Auf unserer Internetseite www.blaek.de und über die Social-Media-Kanäle Facebook und Twitter informiert die BLÄK Interessierte sowie Ärztinnen und Ärzte über Prävention – vorbeugen statt heilen. 

Das geplante PrävG kann für die wichtige Präventionsarbeit eine gute Basis sein, wenn die notwendigen Korrekturen noch vorgenommen werden. Auch die aktuell geführte Diskussion um die Masern-Impfpflicht könnte noch im PrävG entsprechend berücksichtigt werden. Ein verpflichtender Nachweis der von der STIKO empfohlenen Impfungen zum Zeitpunkt der Aufnahme in Einrichtungen der Kleinkinder- und Kindertagesbetreuung kann eine richtungsweisende Maßnahme sein. Der Zeitpunkt wäre günstig.   

 

 

 

 

 

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