Arbeitsplätze mit Exposition gegenüber Hitze

Arbeitsunfähigkeitstage

Der Klimawandel wird auch in Deutschland zu immer mehr Hitzeereignissen führen und hat nachteilige Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen. Gerade im Sommer kann es an Arbeitsplätzen zu hohen Lufttemperaturen kommen, die eine große ­Herausforderung für den menschlichen Organismus darstellen und zu teilweise schwerwiegenden Gesundheitsstörungen führen können [1, 2]. Das Risiko für hitzebedingte Gesundheitsstörungen wird durch verschiedene Faktoren wie beispielsweise das Alter, das Vorliegen akuter oder chronischer Erkrankungen oder die Einnahme von Medikamenten bestimmt [1, 2]. Beschäftigte, die körperlich anstrengende Arbeiten verrichten, bestimmte Schutz- oder Berufskleidung tragen müssen und/oder bei Tätigkeiten im Freien der Hitze ausgesetzt sind, haben eine höhere ­Gefährdung. Jedoch können auch Beschäftigte ohne weitere Gefährdungen unter bestimmten Voraussetzungen betroffen sein.

Arbeitsplätze mit Exposition gegenüber natürlicher UV-Strahlung

Die UV-Strahlung ist der energiereichste Teil der optischen Strahlung und hat auf Augen und Haut akute (zum Beispiel Photokeratitis oder Erytheme) und chronische Wirkungen (zum Beispiel Katarakt oder Hautkrebs). Bei Arbeitsplätzen mit Exposition gegenüber UV-Strahlung ist diese Gefährdung in der Gefährdungsbeurteilung zu erfassen und entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Eine Möglichkeit zur einfachen Ermittlung der Gefährdung ist der UV-Index (UVI, abrufbar zum Beispiel beim Deutschen Wetterdienst [3]). Er beschreibt die sonnenbrandwirksame UV-Strahlung der Sonne. Je größer der UVI, desto höher die Belastung durch UV-Strahlung und das damit einhergehende Risiko für Gesundheitsschäden.

Zunahme der Arbeitsunfähigkeitsfälle durch Hitze und Sonnenlicht (ICD-T67)

In Studien konnte ein Zusammenhang von extremer Hitze und dadurch bedingten Erkrankungsfällen, zum Beispiel bei Beschäftigten im Freien, nachgewiesen werden [4, 5, 6]. In Deutschland werden diese Fälle unter dem ICD-10-Diagnose­schlüssel T67 („Schäden durch Hitze und Sonnenlicht“) klassifiziert, unabhängig davon, ob die Hitzeexposition am Arbeitsplatz oder in der Freizeit erfolgte. Hierunter werden Hitzeschlag und Sonnenstich, Hitzesynkope, Hitzekrampf, Hitzeerschöpfung durch Wasserverlust, Hitze­erschöpfung durch Salzverlust, nicht näher bezeichnete Hitzeerschöpfung, passagere Hitze­ermüdung, Hitzeödem, sonstige Schäden durch Hitze und Sonnenlicht und nicht näher bezeichnete Schäden durch Hitze und Sonnenlicht erfasst. Die Ergebnisse der Krankheitsartenstatistik der gesetzlichen Krankenversicherung aus dem Jahr 2019 [7] zeigen, dass unter dem ICD-10 T67 insgesamt 71.881 Arbeitsunfähigkeitstage verzeichnet sind, die in 19.794 Fällen durch Pflichtmitglieder in Anspruch genommen wurden. Die Arbeits­unfähigkeitsfälle durch Schäden durch Hitze und Sonnenlicht zeigen seit Jahren einen deutlichen Aufwärtstrend (Abbildung 1). Besonders in den Hitzejahren 2013, 2015 und 2018 sind überdurchschnittlich viele Arbeitsunfähigkeitstage verzeichnet. Dennoch ist mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen, da erfahrungsgemäß nicht alle Betroffenen ärztliche Hilfe aufsuchen oder die/der behandelnde Ärztin/Arzt die Fälle nicht als ICD-T67 Fälle eingestuft hat. In Anbetracht der klimawandelbedingten Zunahme der Hitzetage kann davon ausgegangen werden, dass zukünftig Arbeitsunfähigkeitstage bzw. der Krankheitsfälle aufgrund von Hitze zunehmen werden, sofern nicht umfangreiche Präven­tionsmaßnahmen ergriffen werden.


Abbildung 1: Arbeitsunfähigkeitstage durch „Schäden durch Hitze und Sonnenlicht“ (ICD-10 T67) der Jahre 2011 bis 2019 (eigene Darstellung, Daten aus [7]).

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Gefährdungen für seine Beschäftigten am Arbeitsplatz zu ermitteln und zu beurteilen (sogenannte Gefährdungs­beurteilung) und Maßnahmen für die Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit daraus abzuleiten [8]. Eine Gefährdungsbeurteilung kann im konkreten Fall immer nur vor Ort durch den Arbeitgeber mit entsprechender Fachexpertise für eine spezielle Tätigkeit erfolgen. Im Bereich des Arbeitsschutzes gilt generell das TOP-Prinzip, das heißt, dass technische und organisatorische Maßnahmen vor persönlichen Maßnahmen (zum Beispiel persönliche Schutzausrüstung) ergriffen werden müssen. Die Gefährdungsbeurteilung schließt auch hohe Temperaturen während Hitze­ereignissen sowie eine durch Arbeitskleidung möglicherweise erhöhte/verstärkte Belastung durch Hitze ein.

In der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ist festgelegt, dass Arbeitsräume gesundheitlich zuträgliche Raumtemperaturen und einen Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung aufweisen müssen [9]. Nähere Konkretisierungen hierzu finden sich in der Arbeitsstättenregel „ASR 3.5 Raumtemperatur“ [10]. Bereits bei Lufttemperaturen ab 26 °C können unter bestimmten Bedingungen (zum Beispiel beim Tragen spezieller Arbeits- oder Schutzkleidung, schwerer körperlicher Arbeit und bei vulnerablen Personengruppen) Gesundheitsgefährdungen auftreten. Bei Raumlufttemperaturen von > 30 °C müssen nach ASR 3.5 wirksame Maßnahmen in Abhängigkeit vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ergriffen werden (Tabelle 1). Bei Raumlufttemperaturen > 35 °C ist der Raum gemäß der ASR in diesem Zeitraum nicht mehr als Arbeitsraum geeignet, sofern keine entsprechenden Maßnahmen (Tabelle 1) ergriffen werden. Auch hier ist zu beachten, dass technische und organisatorische Maßnahmen vor personenbezogenen Maßnahmen durchzuführen sind (Tabelle 2).

Fazit

Im Zuge des Klimawandels ist mit einer zunehmenden Belastung durch hohe Lufttemperaturen und mit einem erhöhten Risiko für Gesundheitsschäden durch natürliche UV-Strahlung zu rechnen. Sowohl Gesetzgeber als auch Unfallversicherungen sind sich der Problematik bewusst und haben entsprechende Vorgaben und Empfehlungen adressiert. Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen können zur Aufklärung beitragen, indem sie vulnerable Personengruppen für die Gefahren durch Hitze und UV-Strahlung sensibilisieren.

Für konkrete Fragen zu Hitze und UV-Strahlung an einem bestimmten Arbeitsplatz ist die/der zuständige Betriebsärztin/Betriebsarzt der beste Ansprechpartner.

Das Literaturverzeichnis kann im Internet unter www.bayerisches-aerzteblatt.de (Aktuelles Heft) abgerufen werden.

Autorinnen


Dr. Caroline Quartucci 1, 2

 
Susann Böhm 1

1 Arbeits- und umweltbezogener Gesundheitsschutz, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München

2 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der Universität München, LMU München

Korrespondierende Autorin: Dr. Caroline Quartucci, E-Mail: caroline.quartucci(at)lgl.bayern.de

 

 

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