Arbeitstagung am Bodensee
Traditionsgemäß begann die Arbeitstagung in der Inselhalle Lindau mit den Berichten des Präsidiums der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) – im Anschluss an die Totenehrung, in welcher den im vergangenen Jahr in Bayern verstorbenen Persönlichkeiten gedacht wurde. Im Rahmen der Konferenz stellten Präsidium und Hauptgeschäftsführung der Kammer die Strategie „BLÄK 2028: Fit für die Zukunft“ vor – ein klarer Fahrplan für die BLÄK, um sich den Herausforderungen der kommenden Jahre zu stellen.
Bericht des Präsidenten Quitterer
Dr. Gerald Quitterer, Präsident der BLÄK, eröffnete seinen Bericht mit einem Überblick über die aktuelle Gesetzgebung, bei der viel Handlungsbedarf bestehe. Eine Vielzahl an Vorhaben sei für das zweite Halbjahr 2024 aus der „Lauterbach’schen Ballwurfmaschine“ geplant. Dabei hob Quitterer vor allem das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), die Krankenhausreform (KHVVG) sowie das Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) hervor, die allesamt versorgungsrelevant seien.
Dr. Gerald Quitterer forderte die Entbudgetierung ärztlicher Leistungen, die Regulierung von iMVZ und eine wirksamere Förderung der Niederlassung.
Wichtige Reformen wie die neue Approbationsordnung und jetzt das GVSG, mit dem hausärztliche Leistungen entbudgetiert und unnötige Quartalsuntersuchungen entfallen sollen, würden jedoch blockiert werden. Der eigentliche Name „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune“ verdeutliche laut Quitterer die Bestrebungen des Bundesgesundheitsministers, dass dieses Gesetz nie zur Stärkung der Praxen vorgesehen war. „Was es jetzt endlich braucht, ist ein Praxisstärkungsgesetz, das den ambulanten Sektor nachhaltig stärkt und den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen weiterhilft“, so Quitterer. Wichtig sei dabei auch, dass Maßnahmen zur Regulierung von investorenbetriebenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) in das GVSG aufgenommen werden, wie bereits in zahlreichen Ärztetagsanträgen angemahnt. Die Freiberuflichkeit des Arztberufes müsse mit allen Mitteln verteidigt werden.
Mit Blick auf das im Gesetzgebungsprozess voranschreitende Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), sei nun neuerdings auch geplant, dass Level 1i-Krankenhäuser in unterversorgten Gebieten an ambulanter fachärztlicher Versorgung teilnehmen dürfen. Dies sei laut Quitterer ein weiterer Angriff auf die ambulante vertragsärztliche Versorgung. Die vorgesehene Krankenhausreform biete zudem keine Garantie für die wirtschaftliche Sicherheit der Häuser.
Gesundes-Herz-Gesetz ebnet Weg in die Staatsmedizin
Noch in der Anfangsphase im parlamentarischen Prozess stecke das Gesundes-Herz-Gesetz. Zielsetzung: Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken und Leben retten, auch mit einem formulierten gesetzlichen Anspruch auf die Verordnung von Lipidsenkern. „Dies ist das trojanische Pferd, das den Weg in die Staatsmedizin ebnet“, so Quitterer, für den dieses Gesetz die brisanteste Entwicklung in der Gesetzgebung darstelle, stelle dies doch die Weisungsungebundenheit von Ärztinnen und Ärzten infrage, auf deren Indikationsstellung eine Medikamentenverordnung folgen müsse. Vielmehr müssten Aspekte der Prävention und die Förderung der Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt des Handelns gerückt werden. Hier sei der Staat mit Gesetzen wie Werbeverboten für ungesunde Lebensmittel, Rauchverboten oder dem Gesundheitsunterricht in Schulen gefragt. Auch die telefonische Krankschreibung helfe dabei, das System zu entlasten und habe sich bewährt. Die Aussagen von Finanzminister Lindner, dass die Regelung ausgenutzt werde und wieder gestrichen werden solle, sei mehr als nur kontraproduktiv, so Quitterer.
Neben der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) ab dem Jahr 2025 ging Quitterer auch auf das geplante Pflegekompetenz- und Pflegeassistenzgesetz ein, mit denen heilkundliche Leistungen übertragen werden sollen. Zwar sei Kooperation in der Gesundheitsversorgung der Zukunft wichtig, allerdings würden weitere hinzukommende Versorgungsebenen keine sinnvolle Lösung für die Entlastung des Gesundheitssystems darstellen und die Abläufe vielmehr verkomplizieren.
Quitterer: „Patientensteuerung ist die drängendste Herausforderung der Zukunft“
Die Patientensteuerung, die Lenkung der Patientinnen und Patienten in die adäquate Versorgungsebene, sei die drängendste Herausforderung der Zukunft. Der 128. Deutsche Ärztetag habe sich dem in seinem Leitantrag „Koordinieren und Kooperieren in der ambulanten Versorgung – für ein bedarfsgerechtes und sektorenverbindendes Gesundheitssystem“ bereits angenommen. Demzufolge biete sich im ambulanten Bereich als Möglichkeit der Patientenlenkung ein freiwilliges Primärarztmodell und die Versorgung in der Teampraxis im Zusammenwirken mit Medizinischen Fachangestellten an. Um zudem das Problem überlasteter Notaufnahmen zu lösen, brauche es eine strukturierte, validierte medizinische Ersteinschätzung, so Quitterer.
Quitterer stellte in seiner Präsentation die Ergebnisse der Mitgliederbefragung 2024 vor. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Kammer schneller und effizienter werden muss, um ihre Aufgaben auch in Zukunft bestmöglich erfüllen zu können.
Die Kammer habe sich als standespolitische Stimme innerhalb ihres Zuständigkeitsspektrums, definiert durch das Heilberufekammergesetz, aktiv für die Interessen der bayerischen Ärztinnen- und Ärzte eingesetzt. Zentrale Ergebnisse seien beispielsweise auf Landesebene die „Medizineroffensive 2030“ der CSU-Landtagsfraktion, mit der unter anderem mehr Studienplätze geschaffen, künftig mehr Studienplätze über die Landarztquote bereitgestellt und eine angemessene monatliche Vergütung für Medizinstudierende im Praktischen Jahr (PJ) eingeführt werden soll. Auch auf Bundesebene habe man im Zusammenwirken mit der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung auf eine Änderung des Strafgesetzbuches hinwirken können, wo der § 46 StGB der Strafzumessung auf gemeinwohldienliche Tätigkeiten ausgeweitet werden soll; explizit werden hier nun auch Ärztinnen und Ärzte genannt. Aktuell setze man sich dafür ein, dass der besondere rechtliche Schutz auf alle Gesundheitsdienstleister ausgeweitet werde, der parlamentarische Prozess zum Gesetz sei nach wie vor im Gange.
Ergebnisse der Mitgliederbefragung schaffen Handlungsauftrag für die Kammer
Von Juli bis August 2024 wurde eine umfassende schriftliche Befragung unter den Mitgliedern der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) durchgeführt. Mit einer beeindruckenden Rücklaufquote von 16.100 Rücksendungen aus einer Grundgesamtheit von 88.000 befragten Mitgliedern könne die Befragung als voll repräsentativ angesehen werden, so Quitterer. Diese Repräsentativität erstrecke sich über die Geschlechterverteilung sowie alle Altersgruppen und ärztlichen Tätigkeitsfelder hinweg.
Die Ergebnisse der Mitgliederbefragung 2024 würden klar aufzeigen, wo die bayerischen Ärztinnen und Ärzte in Zukunft Handlungsbedarf sehen. Besonders hervorgehoben worden sei die Bearbeitungsdauer von Anträgen, die Transparenz in der Bearbeitung dieser Anliegen sowie die Dienstleistungsorientierung der BLÄK. „Diese Punkte stellen zentrale Handlungsaufträge dar, die es nun umzusetzen gilt“, bilanziert Quitterer. Man habe mit der Strategie „BLÄK 2028 – Fit für die Zukunft“ bereits den Prozess angestoßen, die Kammer zukunftsgerichtet aufzustellen. „Wir wollen schneller, besser und effizienter für unsere Mitglieder werden. BLÄK 2028 ist unser gemeinsamer Weg dorthin“.
Zum Schluss seines Berichts ging Quitterer auf das aktuell heiß diskutierte Thema Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ein. „Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende“ zitierte Quitterer Oscar Wilde, um die derzeitige Situation rund um die GOÄ darzustellen. Die zahlreichen Einwände gegen die mit PKV und Beihilfe neu ausgehandelte GOÄ seien gehört und von der Bundesärztekammer (BÄK) aufgenommen worden. In einem Clearingverfahren werde die BÄK alle beteiligten ärztlichen Verbände und Fachgesellschaften zu gemeinsamen Gesprächen einladen und das weitere Vorgehen mit Blick auf dem nächsten Deutschen Ärztetag im Mai 2025 in Leipzig beraten.
Bericht des 1. Vizepräsidenten Botzlar
Dr. Andreas Botzlar. 1. Vizepräsident der BLÄK, bekräftigte in seinem Vortrag die zentrale Bedeutung von Pluralismus und Menschenrechten für die Medizin und den ärztlichen Beruf. Das Zusammenwirken von Ärztinnen und Ärzten aus verschiedenen Nationen und Kulturen bereichere die ärztliche Arbeit und sei unerlässlich für die Gewährleistung der Patientenversorgung. Denn aktuell seien über 13.000 ausländische Ärztinnen und Ärzte in Bayern gemeldet. Darüber hinaus sei es für die Ärzteschaft „kollegial und menschlich geboten, alle Patienten fair und diskriminierungsfrei zu behandeln“. Bereits im Genfer Gelöbnis sei festgeschrieben, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jeglicher anderen Faktoren nicht zwischen Ärztinnen und Ärzten und ihren Patientinnen oder Patienten treten dürften.
Dr. Andreas Botzlar kritisierte in seinem Bericht unter anderem die aktuellen Tarifvertrags-Regelungen
zur Schichtarbeit in kommunalen Krankenhäusern.
Dringender Handlungsbedarf bei der Krankenhausreform
Außerdem forderte Botzlar die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger zu deutlichen Anpassungen am Entwurf der Krankenhausreform auf. Zwar bewerte er die geplante Einführung einer Vorhaltevergütung für die Kliniken grundsätzlich positiv. Problematisch sei aber, dass diese an die von den Kliniken bereits erbrachten Fallzahlen gekoppelt werden solle. Auf diese Weise wirkten Fehlanreize weiter, die schon bisher zu massiven Fehlentwicklungen im deutschen Gesundheitssystem geführt hätten. Kliniken würden weiterhin dazu animiert, eine möglichst hohe Zahl renditeträchtiger Fälle zu behandeln und weniger den tatsächlichen Versorgungsbedarf von Patienten zu berücksichtigen. Das Fazit des 1. Vizepräsidenten: Die Ziele der Entökonomisierung und Entbürokratisierung würden mit dem aktuellen Entwurf des KHVVG klar verfehlt.
Änderung der Regelungen zur Schichtarbeit in Kliniken notwendig
Vor dem Hintergrund der Tarifverhandlungen zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) forderte Botzlar die VKA auf, endlich einer Reform der etwa 70 Jahre alten Tarifvertrags-Regelungen zur Schichtarbeit zuzustimmen. Ziel seien bessere Arbeitsbedingungen für die rund 60.000 Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern. Die schwer zu kontrollierenden und teilweise manipulationsanfälligen Tarifregelungen zur Schichtarbeit müssten durch ein deutlich vereinfachtes System abgelöst werden. Dadurch könne der gängigen Praxis an kommunalen Kliniken begegnet werden, bestehende Bereitschaftsdienstmodelle durch günstigere Schichtdienstmodelle zu ersetzen. Die damit verbundene Ausweitung von Vollarbeit in der Nacht führe nachweislich zu erheblichen gesundheitlichen Belastungen für die Krankenhausärztinnen und -ärzte, die ohnehin schon mit hoher Arbeitsverdichtung konfrontiert seien und unter einer dünnen Personaldecke litten.
Überdies berichtete Botzlar über die Arbeit der Gemeinsamen Kommission Prävention von BLÄK und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), sowie der Kommission Menschenrechte und Migration, die sich im vergangenen Jahr dafür eingesetzt habe, Geflüchtete systematisch auf psychische Erkrankungen zu untersuchen und mit elektronischen Gesundheitskarten auszustatten. Die Präventionskommission habe sich für die Steigerung der Gesundheitskompetenz in Schulen stark gemacht.
Bericht der 2. Vizepräsidentin Lessel
Dr. Marlene Lessel, 2. Vizepräsidentin der BLÄK, schilderte in ihrem Bericht zunächst den aktuellen Stand der ärztlichen Fortbildung in Bayern. Die BLÄK habe im Tätigkeitszeitraum 81.762 Fortbildungsveranstaltungen anerkannt (Vorjahreszeitraum: 77.606). „Der Anstieg anerkannter Fortbildungen verdeutlicht das große Engagement der Ärzteschaft für eine hohe Qualität der ärztlichen Leistungen und Patientensicherheit.“, erklärte Lessel. Seit Anfang 2024 könnten Ärztinnen und Ärzte ihre Fortbildungs-Teilnahmebescheinigungen bei der BLÄK online im Meine BLÄK-Portal einreichen. „Damit bauen wir unseren digitalen Service weiter aus und setzen auf Nachhaltigkeit.“, so die 2. Vizepräsidentin.
Dr. Marlene Lessel forderte mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten, um Vollzeitarbeit für Ärztinnen attraktiver zu gestalten.
Qualitätssicherung und Patientensicherheit
Im Anschluss erläuterte Lessel die umfassenden Aufgaben der BLÄK im Bereich der ärztlichen Qualitätssicherung. Die BLÄK sei vom Gesetzgeber unter anderem mit der Qualitätssicherung für Reproduktionsmedizin und Hämotherapie betraut worden. In beiden Bereichen führe die Kammer jährlich ein Qualitätssicherungsverfahren durch, das für die Hämotherapie 228 stationäre sowie 140 ambulante Einrichtungen und für die Reproduktionsmedizin 23 IVF-Zentren umfasse. „Bei der Qualitätssicherung Hämotherapie wurden mit der Gesamtnovelle 2023 neue Regelungen für die Herstellung von Hyperimmunplasma in die bestehenden Richtlinien aufgenommen.“, so Lessel.
Mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte
Die Vizepräsidentin erläuterte zudem, dass die unzureichenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte ein bedeutendes Hindernis darstellten, um ihrem Beruf nachgehen zu können. „Bei dem bestehenden Ärztemangel ist es nicht einzusehen, dass nach langem Studium und einer Facharztweiterbildung die Berufstätigkeit an fehlender Kinderbetreuung scheitert.“, schilderte Lessel. Besonders im ländlichen Raum mangele es an flexiblen Betreuungsangeboten, die den Arbeitszeiten von Ärztinnen und Ärzten gerecht werden. Lessel forderte daher den Ausbau flexibler und wohnortnaher Betreuungsangebote für Kinder.
Koordinierungsstelle Fachärztliche Weiterbildung (KoStF)
„Mit der 2020 gegründeten Koordinierungsstelle Fachärztliche Weiterbildung (KoStF) der KVB und der BLÄK setzen wir uns dafür ein, die ambulante Weiterbildung zu stärken und Weiterbildungsverbünde zu etablieren.“, erklärte Lessel. Inzwischen betreue die KoStF fünfzehn etablierte Weiterbildungsverbünde und habe ihre Größe somit verdoppelt. Lessel wies darauf hin, dass Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung häufig vor der schwierigen Aufgabe stünden, sich ihre Weiterbildung in Kliniken und Praxen selbst organisieren zu müssen. „Eine Lösung dafür bieten unserer Weiterbildungsverbünde.“, so Lessel. Deshalb sei die BLÄK darauf bedacht, die Gründung von Weiterbildungsverbünden zu unterstützen, um der nachfolgenden Generation eine wohnortnahe Weiterbildung anbieten zu können.
Ausschüsse und Workshops
Die Vorsitzenden der vier dem Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetag vorgeschalteten Ausschüsse berichteten über die Diskussionen und Anträge der vorbereitenden Workshops (siehe Berichte auf Seite 516 f. ).
Die Delegierten diskutierten und fassten über 50 Beschlüsse.
Die Delegiertenversammlung startete mit mehr als 50 Anträgen zum TOP 2 in den Samstagnachmittag. Die Anträge waren untergliedert in die Unterpunkte „Ärztliche Unabhängigkeit“, „Tätigkeit der Körperschaften“, „Digitalisierung“, „Gesundheitspolitik“, „Stationäre Versorgung“, „Gesundheitsversorgung“, „Hochschule“, „Kinder- und Jugendgesundheit“ und „Verschiedenes“. Nachzulesen sind die Beschlüsse auf den Seiten 510 ff.
Satzungswerke
Änderung der Weiterbildungsordnung
Die Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns (WBO) wurde in verschiedenen Punkten geändert. Durch eine Anpassung des Abschnitts B Nr. 1 wurde die Übergangsbestimmung des sogenannten Quereinstiegs in die Allgemeinmedizin als regulärer Weiterbildungsgang in der WBO verankert. Die Regelungen zur Zugangsberechtigung von Fachärzten für Anästhesiologie zum Erwerb der Zusatz-Weiterbildung Transplantationsmedizin wurden an die aktuelle Muster-Weiterbildungsordnung angeglichen. Und in der Zusatz-Weiterbildung Allergologie wurde die Handlungskompetenz „ASS-Deaktivierung bei Samter-Trias“ gestrichen. Der Grund: Die Therapie mit Biologika sei der Wirksamkeit und dem Nebenwirkungsspektrum einer ASS-Deaktivierung überlegen, sodass letztere nur noch in Spezialfällen durchgeführt werde. Außerdem wurde die Absolvierung eines 80-stündigen Curriculums zur Psychosomatischen Grundversorgung im Fachgebiet der Kinder- und Jugendmedizin als fester Bestandteil der Weiterbildungszeit eingeführt. Denn die Berücksichtigung psychosomatischer Aspekte bei der Behandlung von Patienten sei eine grundlegende Aufgabe der ärztlichen Versorgung, so die Delegierten. Zudem wurden beim Weiterbildungsinhalt „Fertilitätsrelevante endokrin aktive Tumore“ im Schwerpunkt „Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin“ die Wörter „endokrin aktiv“ gestrichen, da nicht nur endokrin aktive Tumore fertilitätsrelevant seien. Daneben wurden verschiedene allgemeine Bestimmungen der WBO geändert.
Neufassung der Fortbildungsordnung
Die Delegierten beschlossen eine Neufassung der Fortbildungsordnung (FO) der BLÄK. Einige Schwerpunkte der Novellierung: In § 5 der FO wird die inhaltliche, didaktische und organisatorische Qualität von Fortbildungsmaßnahmen künftig als Voraussetzung zur Anerkennung von Seminaren definiert. Dadurch werden Inhalte ausgeschlossen, die in keinem Zusammenhang mit ärztlicher Kompetenz stehen. Ebenso muss gemäß der neuen FO die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen im Rahmen von Fortbildungen gewahrt bleiben, Regelungen zur Offenlegung von Interessenskonflikten werden erweitert.
Außerdem enthält § 6 der FO zusätzliche Anerkennungsvoraussetzungen beim Sponsoring von Fortbildungen. Unter anderem dürfen Sponsoren keinen Einfluss auf das Thema, die Ausgestaltung, den Inhalt, die Ankündigung und die Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen nehmen. Der Verwendungszweck der Sponsoringleistung wird auf die Durchführung des wissenschaftlichen Programms begrenzt. Ebenso muss die Höhe des Sponsorings jetzt offengelegt werden. Zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sieht die neue FO überdies vor, dass Seminare ressourcen- und klimaschonend gestaltet werden sollen. Die Neufassung der FO wird am 1. September 2025 in Kraft treten.
Vor dem Beschluss des Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetags erläuterte Quitterer, dass die bisherige Fassung der FO nicht mehr ausreiche, um dauerhaft die Neutralität und Transparenz von Fortbildungen im notwendigen Umfang sicherzustellen. Der Grund: Nach Interpretation einiger erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte greife die bisherige FO-Formulierung, wonach die Fortbildungsinhalte frei von wirtschaftlichen Interessen sein müssten, zu kurz.
Änderung der Gebührensatzung
Verschiedene Punkte der Gebührensatzung der BLÄK wurden geändert. Neben sprachlichen Harmonisierungen erfolgte eine Anpassung des Gebührenverzeichnisses an die EU-Verordnung 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und an die EU-Verordnung 2017/746 über In-vitro-Diagnostika. Als Konsequenz werden die Gebührensätze bei der novellierten Nr. 7.1 „Bewertung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln“ künftig national nach Anlage 3 zu § 12 der „Klinische Prüfung-Bewertungsverfahren-Verordnung“ berechnet. Bei der angepassten Nr. 7.2 „Bewertung klinischer Prüfungen von Medizinprodukten und Leistungsprüfungen von In-vitro-Diagnostika“ werden die Gebühren von bisher 1.000 bis 5.000 Euro auf 1.500 bis 5.500 Euro erhöht.
Außerdem wurden bei der novellierten Nr. 7.3 „Beratung von Ärzten oder deren Bevollmächtigten vor der Durchführung von medizinischen Forschungsvorhaben oder epidemiologischer Forschung mit personenbezogenen Daten“, der Nr. 7.4 „Bewertung von medizinischen Forschungsvorhaben nach § 36 Strahlenschutzgesetz“, der Nr. 7.5 „Bewertung von nachträglichen Änderungen von medizinischen Forschungsvorhaben oder der epidemiologischen Forschung mit personenbezogenen Daten“ und der Nr. 7.6 „Anfragen und Beratung vor der Durchführung von medizinischen Forschungsvorhaben und epidemiologischer Forschung“ Gebührenanpassungen vorgenommen.
Diese Änderungen treten am 1. Januar 2025 in Kraft.
Änderung der Satzung der BLÄK
Mit breiter Mehrheit verabschiedeten die Delegierten Änderungen an der Satzung der BLÄK. Durch eine Anpassung von § 11 ist der Vorstand der Kammer künftig beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist oder an der Sitzung über Video- oder Webkonferenztechnik teilnimmt. Damit wird klargestellt, dass Sitzungen des Vorstands auch als Video- oder Telefonkonferenzen durchgeführt werden können. Zudem sind Vorstandsbeschlüsse künftig auch ohne eine Sitzung gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem gesetzten Termin mehr als die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde. Diese Umlaufverfahren sollen der Vereinfachung und Beschleunigung von Entscheidungsprozessen dienen.
Novellierung der Verfahrensordnung der Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen
Der 83. Bayerische Ärztinnen- und Ärztetag beschloss eine Novellierung der Verfahrensordnung der Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen. Dadurch soll eine Anpassung an die Rahmenverfahrensordnung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der deutschen Ärztekammern erreicht und die Verwaltungspraxis der Gutachterstelle besser abgebildet werden. Erstmals ist im neuen § 8 der Verfahrensordnung festgelegt, dass der verfahrenseinleitende Antrag digital zu stellen ist und das nachfolgende Verfahren digital durchgeführt wird.
Finanzen
Dr. Ulrich Schwiersch, Vorsitzender des Finanzausschusses der BLÄK, berichtete zum Tagesordnungspunkt Finanzen. Der vorgelegte Rechnungsabschluss 2023 der BLÄK, der Erträge in Höhe von 40.144.159,38 Euro und Aufwendungen in Höhe von 40.353.801,95 Euro aufweist, wurde vom 83. Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetag angenommen. Der Abschluss des Investitionshaushalts 2023 in Höhe von 436.264,62 Euro wurde ebenfalls angenommen. Der Vorstand der BLÄK wurde für das Jahr 2023 entlastet. Mit der Prüfung der Betriebsführung und der Rechnungslegung der BLÄK für das Geschäftsjahr 2024 gemäß § 16 Abs. 2 der Satzung wurde die Dr. Kittl & Partner GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Deggendorf, beauftragt. Für das Geschäftsjahr 2025 beschloss der Ärztetag einen Haushaltsplan, der Erträge in Höhe von 52.768.000,00 Euro und Aufwendungen in Höhe von 52.264.000,00 Euro vorsieht. Der Investitionshaushalt in Höhe von 2.120.000,00 Euro wurde ebenfalls angenommen.
Bayerische Ärzteversorgung
Dr. Lothar Wittek, Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Bayerischen Ärzteversorgung (BÄV), berichtete über die Entwicklung der BÄV im Jahr 2023. Im Vergleich zu 2013 sei die Anzahl der aktiven Mitglieder von 87.153 auf 103.411 (plus 19 Prozent) angestiegen. Das Beitragsaufkommen habe sich um 46 Prozent erhöht – von 1.082 Millionen Euro auf 1.579 Millionen Euro. 2023 hätten die 43.486 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger insgesamt 1.291 Millionen Euro an Versorgungsleistungen erhalten. Insgesamt seien die Kapitalanlagen in 2023 auf 29,775 Milliarden Euro angestiegen, 2013 waren es noch rund 18,8 Milliarden Euro. Die Nettoverzinsung habe 2023 bei 3,52 Prozent gelegen (Vorjahr: 3,30 Prozent). Wittek verdeutlichte, dass der Rechnungszins stets erreicht und eine der Inflationsrate nahe Dynamisierung erzielt wurde. Die ungewöhnlich hohe Inflation der letzten Monate konnte nirgends durch Erhöhungen vollständig ausgeglichen werden. Ganz entscheidend sei aber, dass bei der BÄV bereits von einem hohen Niveau aus dynamisiert wird. Im Vergleich zu anderen Versorgungseinrichtungen, so Wittek, stehe man „nach wie vor sehr gut“ da.
Zum Abschluss der Tagung wurden die Abgeordneten und Ersatzabgeordneten für den 129. Deutschen Ärztetag 2025 in Leipzig gewählt. Außerdem wurden die Berufsgerichte in München beim Landgericht München I und in Nürnberg am Landgericht Nürnberg-Fürth sowie das Landesberufsgericht beim Bayerischen Obersten Landesgericht in Nürnberg für die Amtsdauer 2025 bis 2030 besetzt (siehe Seite 519 f).
Der 84. Bayerische Ärztinnen- und Ärztetag findet vom 10. bis 12. Oktober in Bad Kissingen (Unterfranken) statt. Im Jahr 2026 tagt der Bayerische Ärztinnen- und Ärztetag vom 23. bis zum 25. Oktober in Berchtesgaden (Oberbayern).
Nils Härtel, Dagmar Nedbal, Julia Schäfer und Florian Wagle (alle BLÄK)
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