Autor
Dr. Jens Weyd, Jurist
Der Autor ist Mitarbeiter der Stabsstelle Hauptgeschäftsführung bei der BLÄK.
Befristete Arbeitsverträge in der Weiterbildung
Befristete Arbeitsverträge sind ein sinnvolles Instrument für die Durchführung der zeitlich befristeten ärztlichen Weiterbildung. Bei ihrem Abschluss ist auf die Einhaltung der zwingenden gesetzlichen Vorgaben zu achten und der wiederholte Abschluss von Kurzzeitverträgen zu vermeiden. Im Anwendungsbereich des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung gilt das besondere Augenmerk der Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Untergrenze. An den Unikliniken ist sorgfältig zu prüfen, ob der Arzt schwerpunktmäßig wissenschaftlich tätig werden soll.
Ausgangslage
Für die in hauptberuflicher Stellung (vgl. Art. 30 Abs. 4 Satz 1 Heilberufe-Kammergesetz [1]) abzuleistende ärztliche Weiterbildung geht die weiterzubildende Ärztin/der weiterzubildende Arzt häufig ein befristetes Arbeitsverhältnis mit der Weiterbildungsstätte ein. Da dem Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis die Mechanismen des Kündigungsschutzes nicht zur Verfügung stehen, wurde die Möglichkeit der Befristung im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) reglementiert [2]. Danach bedarf eine Befristung eines sachlichen Grundes (§ 14 Abs. 1 TzBfG). Eine sachgrundlose Befristung kommt grundsätzlich nur bis zur Dauer von zwei Jahren in Betracht (§ 14 Abs. 2 TzBfG). Für den Bereich der ärztlichen Weiterbildung gelten zudem die Spezialregelungen des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG) [3] sowie das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) [4].
ÄArbVtrG – Ärztliche Weiterbildung als Befristungsgrund
Im ÄArbVtrG wurde die ärztliche Weiterbildung als ein die Befristung rechtfertigender Grund spezialgesetzlich und abschließend geregelt. Diese Bestimmungen sind zwingend, so dass von ihnen weder in einem Arbeits- noch in einem Tarifvertrag abgewichen werden kann [5]. Ein Rückgriff auf die Regelung der sachgrundlosen Befristung in § 14 Abs. 2 TzBfG kommt im Anwendungsbereich des ÄArbVtrG nicht in Betracht [6].
Anwendungsbereich
Das ÄArbVtrG gilt grundsätzlich für alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit einem Arzt zum Zwecke der Wei-terbildung. Nur wenn diese neben einer wissenschaftlichen Tätigkeit an einer Uniklinik durchgeführt wird, ist das WissZeitVG vorrangig (§ 1 Abs. 1, Abs. 6 ÄArbVtrG).
Damit eine befristete Beschäftigung des Arztes nach dem ÄArbVtrG zulässig ist, muss sie seiner zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt dienen (§ 1 Abs. 1 ÄArbVtrG) [7]. Dies setzt Folgendes voraus:
» Dem weiterzubildenden Arzt muss die Ableistung der für seine Weiterbildung notwendigen Inhalte derart ermöglicht werden, dass die Weiterbildung die überwiegende Zwecksetzung der Beschäftigung darstellt und diese dadurch prägt [8].
» Da die Möglichkeit der Befristung nach dem ÄArbVtrG für weiterbildungsfremde Zwecke nicht zur Verfügung steht, ist eine gelegentliche oder nur beiläufige Förderung der Weiterbildung nicht ausreichend [9]. Der Arzt muss seine Arbeitsleistung hauptsächlich zum Zwecke seiner Weiterbildung erbringen. Andere Aufgaben können durch den Arzt übernommen werden, solange sie von nur untergeordneter Bedeutung sind [10].
» Eine zeitliche und inhaltliche Strukturierung erfordert eine auf den konkreten Weiterbildungsbedarf zugeschnittene Planung über die während des Arbeitsverhältnisses zu vermittelnden Weiterbildungsinhalte und die Durchführung der Weiterbildung [11]. Nicht notwendig ist aber ein im Detail ausgearbeiteter schriftlicher Weiterbildungsplan oder die Aufnahme eines solchen in den Arbeitsvertrag [12].
» Beurteilungszeitpunkt: Für die Prüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt werden, sind die Planungen und Prognosen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich [13]. Der Arbeitgeber hat auf deren Basis darzulegen, welches Weiterbildungsziel mit welchem nach der Weiterbildungsordnung vorgegebenen Weiterbildungsbedarf angestrebt werden sollte. Zudem hat er grob umrissen anzugeben, welche Weiterbildungsinhalte auf welche Weise in welchem zeitlichen Rahmen vermittelt werden sollten [14].
Fristenrahmen
Der Arbeitsvertrag kann höchstens bis zur Dauer von acht Jahren abgeschlossen werden (§ 1 Abs. 3 Satz 1 ÄArbVtrG). Diese Obergrenze gilt auch beim Abschluss mehrerer befristeter Arbeitsverträge und beim Wechsel der Weiterbildungsstätte (§ 1 Abs. 3 Satz 4 ÄArbVtrG) [15]. Zudem sieht das Gesetz in § 1 Abs. 3 Satz 5 eine Untergrenze vor. Danach darf die Befristung grundsätzlich den Zeitraum nicht unterschreiten, für den der ermächtigte Arzt die Befugnis besitzt. Eine Unterschreitung ist insbesondere dann zulässig, wenn der weiterzubildende Arzt die Voraussetzungen für eine Anerkennung bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfüllt (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 6 ÄArbVtrG).
Form
Die Befristungsvereinbarung bedarf der Schriftform (§ 1 Abs. 5 ÄArbVtrG i. V. m. § 14 Abs. IV TzBfG). Die genaue Dauer der Befristung muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein (§ 1 Abs. 2 ÄArbVtrG). Dafür ist erforderlich, dass das Beendigungsdatum im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entweder genau benannt oder zweifelsfrei feststellbar ist [16]. Nicht angegeben werden muss, dass die Befristung auf den Regelungen des ÄArbVtrG beruht.
Fehlerfolgen
Wird gegen die Vorgaben des ÄArbVtrG verstoßen, ist die Befristung unwirksam und der Arbeitsvertrag gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 1 Abs. 5 ÄArbVtrG i. V. m. § 16 Satz 1 TzBfG). Dies ist auch dann der Fall, wenn die gesetzliche Untergrenze nicht eingehalten wird [17]. Will sich der Arzt auf die Unwirksamkeit berufen, muss er spätestens innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des Vertrages beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist (§ 1 Abs. 5 ÄArbVtrG i. V. m. § 17 Satz 1 TzBfG) [18].
WissZeitVG: Qualifizierungsbefristung
Zur Wahrung der Wissenschaftsfreiheit enthält das WissZeitVG Sonderregelungen zur Befristung der Ar-beitsverhältnisse des wissenschaftlichen Personals an staatlichen Hochschulen. Auch diese Regelungen sind zwingendes Recht, von denen grundsätzlich auch tarifvertraglich nicht abgewichen werden kann (vgl. aber § 1 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG). Ein Rückgriff auf die Bestimmungen des TzBfG ist nicht ausgeschlossen (§ 1 Abs. 2 WissZeitVG).
Anwendungsbereich: Wissenschaftliche Tätigkeit und Qualifikation
Das Gesetz gilt für Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an staatlichen Hochschulen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG). Die bayerischen Unikliniken sind selbst zwar keine Hochschulen, diesen aber zugeordnet [19].
Der betroffene Arzt unterfällt dem Anwendungsbereich, wenn er wissenschaftliche Dienstleistungen erbringen soll. Dieser Begriff ist für das WissZeitVG eigenständig und abschließend zu bestimmen [20]. Entscheidend ist dabei nicht ein formaler hochschulrechtlicher Status, sondern die konkrete Tätigkeit des Arztes [21].
Danach gilt:
» Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist [22]. Die Tätigkeit muss geeignet sein, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen medizinischen Disziplin zu sichern oder zu erweitern [23]. Dazu zählt auch eine wissenschaftliche Lehrtätigkeit [24].
» Die ärztliche Krankenversorgung stellt keine wissenschaftliche Tätigkeit dar. Soll der Arzt auch außerhalb des Wissenschaftsbereiches tätig werden, müssen die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder das Arbeitsverhältnis prägen [25]. Eine bloß wissenschaftsorientierte oder -unterstützende Tätigkeit ist nicht ausreichend [26].
» Beurteilungszeitpunkt: Auch hier kommt es darauf an, was vom Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages bei Vertragsschluss erwartet wird [27].
Die befristete Beschäftigung muss zur eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung des Arztes erfolgen (§ 2 Abs. 1 Satz 1-2 WissZeitVG). Der Gesetzgeber hatte hier vor allem die Promotion und Habilitation vor Augen, hat aber die Erreichung eines derart formalen Qualifizierungsziels nicht vorgegeben [28]. Es genügt, wenn dem Arzt eine vertiefte wissenschaftliche Beschäftigung ermöglicht wird und er sich dadurch wissenschaftlich qualifizieren kann [29]. Daraus ergibt sich Folgendes:
» Die ärztliche Weiterbildung bezweckt die praktische Anwendung ärztlicher Kenntnisse in der ambulanten, stationären und rehabilitativen Versorgung (§ 1 Satz 2 Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns – WO) [30] und stellt damit eine berufspraktische und keine wissenschaftliche Qualifikation dar. Sie tritt zu der die Befristung rechtfertigenden wissenschaftlichen Qualifizierung hinzu, ersetzt diese aber nicht.
» Folglich kann eine Unterbrechung der Weiterbildung wegen wissenschaftlicher Aufträge nur dann als Weiterbildungszeit angerechnet werden, wenn auch während dieser Zeit eine Weiterbildung erfolgt (§ 4 Abs. 4 Satz 4 WO).
Fristenrahmen
Der Arbeitsvertrag kann bei nicht promovierten Arbeitnehmern bis zu einer Dauer von sechs Jahren (§ 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG), nach abgeschlossener Promotion bis zu einer Dauer von neun Jahren befristet werden (§ 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG). Diese Obergrenze gilt jeweils auch beim Abschluss mehrerer befristeter Arbeitsverträge (§ 2 Abs. 1 Satz 7 WissZeitVG). Eine Untergrenze ist nicht vorgesehen. Das Gesetz macht allerdings die Vorgabe, die Befristungsdauer jeweils so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG). Daraus folgt für die ärztliche Weiterbildung:
» Bei der Ermittlung der angemessenen Frist ist zu berücksichtigen, dass der Arzt neben seiner wissenschaftlichen Qualifizierung auch noch eine berufspraktische Weiterbildung durchläuft.
» Es bietet sich daher an, die Vorgaben des § 1 Abs. 3 Satz 5 ÄArbVtrG (Befugnisdauer als Untergrenze) auch innerhalb des WissZeitVG in die Kalkulation einzubeziehen.
Form
Die Befristungsvereinbarung bedarf der Schriftform (§ 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG i. V. m. § 14 Abs. 4 TzBfG). Die genaue Dauer der Befristung muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein (§ 2 Abs. 4 Satz 3 WissZeitVG). Zudem muss im Vertrag angegeben werden, dass die Befristung auf den Regelungen des WissZeitVG beruht (§ 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG).
Fehlerfolgen
Bei Missachtung der Vorgaben ist die Befristung unwirksam. Soweit keine anderweitige Befristungsmöglichkeit in Betracht kommt, gilt der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG i. V. m. § 16 Satz 1 TzBfG). Dies muss der Arzt gerichtlich feststellen lassen (§ 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG i. V. m. § 17 Satz 1 TzBfG).
Das Literaturverzeichnis kann im Internet unter www.bayerisches-aerzteblatt.de (Aktuelles Heft) abgerufen werden.
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