Ein Gespräch in schwierigen Zeiten
Interview mit Professor Dr. Christian Weidner
Ob aktuelle Fallzahlen, Wissenswertes zu Impfungen oder fachlich-medizinische Details zu SARS-CoV-2: Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) berichtet zu verschiedenen Aspekten des Corona-Geschehens. Doch darüber hinaus befasst sich das LGL seit 20 Jahren mit den Themen Arbeitsschutz, Lebensmittelsicherheit oder Tiergesundheit. Am 1. Februar 2022 übernahm Professor Dr. Christian Weidner (50) von seinem Vorgänger Walter Jonas die Leitung des LGL, das seinen Sitz in Erlangen hat. Ein Gespräch in schwierigen Zeiten.
Herr Professor Weidner, Sie haben die Leitung des LGL während der Pandemie SARS-CoV-2 übernommen, sicherlich eine zusätzliche Herausforderung für Sie?
Weidner: Es ist sicherlich angenehmer, eine solch herausfordernde Aufgabe in ruhigen Zeiten und mit der Möglichkeit, sich auch einzuarbeiten, zu übernehmen. Auf der anderen Seite sind die Erfahrungen, die ich während der Pandemie sammeln konnte und noch weiter sammeln muss, auch „wertvolle“ Eindrücke für die hoffentlich bald folgenden, interpandemischen Zeiten: Eine Organisation steht und fällt mit der Einsatzkraft und -freude ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier sind wir sehr gut aufgestellt.
Sie leiten eine große, interdisziplinäre Fachbehörde. Wo setzen Sie als Humanmediziner und Physiker Ihre Schwerpunkte?
Weidner: Einerseits sind hier aus fachlicher Sicht einige große Public-Health-Zukunftsthemen zu nennen, zum Beispiel: medizinische Versorgung im ländlichen Raum, Klima und Gesundheit oder die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen. Andererseits spielen auch überfachliche Themen eine große Rolle: ein deutlich wahrnehmbarer Digitalisierungsbedarf, die Gewinnung qualifizierten Nachwuchses oder eine (Re-)Akademisierung von Public Health.
Das LGL kann 2022 auf sein 20-jähriges Bestehen zurückblicken. Haben sich die Aufgaben in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert?
Weidner: Das LGL ist ursprünglich aus zwei „Untersuchungsämtern“ entstanden – im Fokus stand zunächst die Laboranalytik. Mittlerweile haben wir uns zu einer „One-Health-Behörde“ entwickelt, die beinahe alle Fragestellungen des Gesundheitsschutzes beratend oder operativ vertritt.
Wenn Sie in die Zukunft schauen, welcher Bereich wird an Bedeutung gewinnen: Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Veterinärmedizin oder Arbeitsschutz/Produktsicherheit?
Weidner: Ich denke nicht, dass ein einzelner Bereich im Vergleich zu den anderen deutlich an Bedeutung gewinnen oder verlieren wird. Die komplexe interdisziplinäre Interaktion zwischen diesen Bereichen und zahlreichen Weiteren, wie zum Beispiel dem Klima, wird es sein, die an Gewicht gewinnt. Der fortwährende Blick über den Tellerrand, lebenslanges Lernen und fachübergreifende Zusammenarbeit werden so zur Herausforderung der Zukunft. Die Zoonose, die uns gerade alle beschäftigt, zeigt zumindest, dass Viren wenig Respekt vor den Grenzen einzelner Fachdisziplinen zeigen können.
Wo wird das LGL im Jahr 2042 stehen?
Weidner: Der Stellenwert der Gesundheit in der Gesellschaft, sowohl im kurativen als auch im präventiven Bereich, hängt sehr deutlich von deren Wohlstand ab. Insofern hoffe ich für uns alle, dass wir uns auch weiterhin den hohen Stellenwert der Gesundheit in allen ihn gewährleistenden Bereichen leisten können.
Die Fragen stellte Dagmar Nedbal (BLÄK)
Seit 1. Februar 2022 hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) einen neuen Präsidenten: Professor Dr. Christian Weidner.
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