„Eine gut funktionierende Digitalisierung ist ein großer Gewinn für jede Ärztin und jeden Arzt“ – Interview mit Dr. Melanie Rubenbauer-Beyerlein

Dr. Melanie Rubenbauer-Beyerlein

Die Digitalisierung ist im Gesundheitswesen omnipräsent. Im Interview spricht Dr. Melanie Rubenbauer-Beyerlein, Vorstandsmitglied der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), nicht nur über ­Herausforderungen und Chancen, sondern auch welche Vorteile sie sich für die Mitglieder der BLÄK durch die Umsetzung der Strategieoffensive „BLÄK 2028 – Fit für die Zukunft“ erhofft.

Liebe Frau Dr. Rubenbauer-Beyerlein, Sie sind seit vielen Jahren in verschiedenen Funktionen im Marburger Bund und auch in der BLÄK aktiv. Was hat Sie motiviert, sich so intensiv in der Standespolitik zu engagieren?

Rubenbauer-Beyerlein: In die Standespolitik bin ich eigentlich „reingerutscht“, wie man so schön sagt. Das waren viele Zufälle, die sich ergänzt haben. Irgendwann habe ich dann festgestellt, dass ich mich dabei sehr wohlfühle. Das Schöne daran ist, dass wir im Team arbeiten, und jeder seine eigenen Schwerpunkte hat. Eines meiner Schwerpunktthemen ist der Einsatz gegen ­Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte. Oft bleibt solche Gewalt ohne größere Konsequenzen, egal ob sie in Praxen oder Kliniken auftritt. Das ist ein ernstes Thema, das wir nicht unterschätzen dürfen.

Auch das Thema „One Health“ liegt mir sehr am Herzen und hat mich dazu bewegt, mich weiter zu engagieren. Hier geht es um die enge und ganzheitliche Betrachtung von Umwelt-, Tier- und Menschen­wohl. Für mich ist es wichtig, diese Zusammenhänge nicht isoliert voneinander zu betrachten, sondern als Gesamtkonstrukt zu verstehen.

Die Digitalisierung ist im Gesundheitswesen omnipräsent. Wie sehen Sie die Entwicklung in Bayern? Und was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen und Chancen für die Ärzteschaft?

Rubenbauer-Beyerlein: Die Chancen sind enorm. Digitalisierung kann zu einem erheblichen Maß Bürokratie abbauen. Allerdings gibt es viele Herausforderungen, vor allem bei der ­gematik*, die alles zentral steuert. Es ist schwierig, zentrale Vorgaben zu machen, wenn die Rahmenbedingungen vor Ort so unterschiedlich sind. Schon grundlegende Dinge wie Empfang, Bodenleitung oder das verfügbare LAN-Netzwerk können sich stark unterscheiden. Das gilt besonders für ländliche Gebiete. Da ist es oft noch schwieriger, eine reibungslos funktionierende digitale Infrastruktur sicherzustellen. Aber ich glaube dennoch: Eine gut funktionierende Digitalisierung ist ein großer Gewinn für jede Ärztin und jeden Arzt. Insbesondere die Kommunikation zwischen Klinik und Niederlassung wäre viel effizienter.

Sie sind auch stellvertretende Landesvorsitzende beim Marburger Bund in Bayern. In dieser Rolle haben Sie einen guten Überblick über die Anliegen und Bedürfnisse der Ärztinnen und Ärzte in Bayern. Was würden Sie sagen: Welche Erwartungen haben Ihre Kolleginnen und Kollegen an die BLÄK, insbesondere in Bezug auf Modernisierung und Digitalisierung?

Rubenbauer-Beyerlein: Die Mitglieder erwarten mehr Transparenz und Effizienz. Es wäre toll, wenn alle jederzeit genau nachvollziehen können, wie der Stand der eigenen Anträge bei der BLÄK ist. Besonders für Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung wäre das enorm hilfreich, um den Überblick zu behalten. Diese Transparenz würde letztlich sowohl den Mitarbeitenden vor Ort als auch den Antragstellenden viele unnötige Nachfragen ersparen. Das bringt nicht nur allen Zeit, sondern so ließe sich letztlich auch besser verstehen, was die BLÄK eigentlich für ihre Mitglieder in Bayern tut.

Seit 2013 sind Sie auch Mitglied des Vorstands der BLÄK. Wie haben sich Ihrer Meinung nach die Anforderungen und Herausforderungen für die Kammer in den letzten Jahren verändert?

Rubenbauer-Beyerlein: Es hat sich einiges gewandelt, die Welt ist schneller geworden. Vor 2013 war das noch anders, alleine, wenn ich an das Handy denke. Früher habe ich viele Dinge ohne Smartphone erledigt, die heute über Apps laufen. Parktickets zum Beispiel, für die es keine Parkuhr mehr gibt. Das halbe Leben steckt heute in der Digitalisierung. Solche Technologien zeigen, wie stark digitale Prozesse unser Leben verändert haben. Und als Institution müssen wir mit dieser Entwicklung Schritt halten. Die Anforderungen an die Kammer haben sich entsprechend geändert, und wir müssen uns den neuen Gegebenheiten anpassen, um weiterhin effektiv arbeiten zu können.

Die BLÄK ist mitten in der Neustrukturierung mit der Strategie „BLÄK 2028 – Fit für die Zukunft“, um die Zukunftsfähigkeit der Kammer sicherzustellen. Welche konkreten Schritte wurden bereits unternommen, um darauf hinzuarbeiten?

Rubenbauer-Beyerlein: Das Programm BLÄK 2028 soll die Kammer mitgliederorientierter und effizienter machen. Ein zentraler Bestandteil ist die Digitalisierung, die die Arbeitsprozesse erheblich verbessern soll. Dazu wurde im ersten Schritt eine strukturierte Evaluation der Kammer mit externen Beratern durchgeführt, um die Leistungsfähigkeit der Organisation objektiv zu prüfen und konkrete Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Ziel ist es, nicht nur effizient zu arbeiten. Wir wollen auch motivierte Mitarbeitende haben, die durch schlanke Prozesse unterstützt werden. Gleichzeitig soll die Kammer die Interessen der bayerischen Ärzteschaft weiterhin kompetent vertreten. ­Dazu muss die Kammer als Institution die fachliche Kompetenz bieten, die nötig ist, um die Anliegen der Ärzteschaft erfolgreich zu vertreten und den Herausforderungen einer sich wandelnden ­Gesundheitslandschaft gerecht zu werden.

Welche langfristigen Vorteile erhoffen Sie sich für die Mitglieder der BLÄK durch die Umsetzung der BLÄK 2028-Strategie?

Rubenbauer-Beyerlein: Langfristig wünsche ich mir vor allem volle Transparenz für die Mitglieder, gerade in Bezug auf den Bearbeitungsstand ­ihrer Weiterbildungsanträge. Aber auch verkürzte Bearbeitungszeiten würden sicher ebenfalls zu einer höheren Zufriedenheit führen.

Welche Aufgaben übernimmt der Vorstand im Rahmen von BLÄK 2028, und wie sehen Sie Ihre persönliche Rolle in der Unterstützung dieser Neuausrichtung?

Rubenbauer-Beyerlein: Der Vorstand spielt als Impulsgeber eine zentrale Rolle. Wir wurden durch eine Stakeholder-Analyse aktiv in den Prozess eingebunden. Das sollte dazu dienen sicherzustellen, dass die Interessen der Ärztinnen und Ärzte bestmöglich vertreten werden. Die Veränderungen, die wir angehen wollen, sind entscheidend für die Weiterentwicklung der Kammer. Wir müssen sicherstellen, dass die Kammer auch in Zukunft die Interessen der baye­rischen Ärzteschaft umfassend und kompetent vertreten kann.

Was sind Ihre persönlichen Vorstellungen und Ideen für die Zukunft des Gesundheitswesens in Bayern, insbesondere vor dem Aspekt der Digitalisierung?

Rubenbauer-Beyerlein: Als Radiologin komme ich aus einem hochdigitalisierten Fach und ­sehe jeden Tag, wie wichtig die Digitalisierung ist. Mein Traum wäre eine nahtlose Datenübertragung zwischen Praxis und Klinik, bei der letztlich der Patient die Kontrolle hat. Eine digitale Patientenakte auf der elektronischen Gesundheitskarte könnte das ermöglichen. Das würde die Arbeit erleichtern, Transparenz fördern und Bürokratie abbauen.

Glauben Sie, dass die Kammer als Interessensvertretung einen Beitrag leisten kann, um diese Vision zu verwirklichen?

Rubenbauer-Beyerlein: Natürlich. Wir stellen auf Deutschen und Bayerischen Ärztetagen Anträge und fassen Beschlüsse bei der Politik, die weitergeleitet werden und hoffentlich Gehör finden. Allerdings müssen wir geduldig sein, die Prozesse sind oft noch sehr analog und langsam, und wir bewegen uns in kleinen Schritten – aber es geht vorwärts!

Vielen Dank für das Interview.

Die Fragen stellte Dagmar Nedbal (BLÄK)

 

 

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