Fachberufe und Digitalisierung
„Die Digitalisierung wird zu einer stärkeren Vernetzung der Patientenversorgung beitragen. Arztpraxen, Krankenhäuser, Apotheken und Gesundheitsfachberufe werden leichter und effizienter Informationen austauschen können. Dadurch ergeben sich neue Formen der Zusammenarbeit zum Wohl der Patienten“, sagte Dr. Max Kaplan, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) auf der Konferenz der Fachberufe im Gesundheitswesen Anfang März in Berlin. „Die Digitalisierung ist dabei die Berufsbilder auch im Gesundheitswesen zu verändern“, gab sich Kaplan, der gleichzeitig Vizepräsident der Bundesärztekammer (BÄK) und Vorsitzender der Fachberufekonferenz ist, überzeugt.
Die Jahrestagung, zu der die Vorsitzenden von 35 Verbänden ins Haus der BÄK gekommen waren, beschäftigte sich unter anderem mit den Fragen: „Sind Medizin-Apps, Fitnesstracker und vernetzte Datenbanken die Zukunft des Gesundheitswesens oder nur ein Eldorado für Datensammler?“ und: „Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Patientenversorgung und auf die Arbeitsbedingungen der Gesundheitsberufe aus?“. BÄK-Präsident Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery stellte gleich eingangs klar: „Das sogenannte Fernbehandlungsverbot heißt, dass wir einmal während eines Behandlungszyklus auch einen persönlichen Kontakt zwischen Patient und Arzt verlangen“. Montgomery verwies dabei auf den diesjährigen Deutschen Ärztetag in Freiburg, der sich schwerpunktmäßig mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen beschäftigen wird. Eine Voraussetzung für einen Nutzen durch die Digitalisierung ist für Kaplan, „dass sich die neuen technischen Möglichkeiten ohne Reibungsverluste in die Arbeitsabläufe einfügen und der Datenschutz gewährleistet bleibt“.
Digitalisierungs-Hype
Norbert Butz, Dezernat Telemedizin und Telematik der BÄK, stellte in einem einleitenden Referat die Frage „Digitalisierung im Gesundheitswesen – Hype oder disruptive Technologie?“ und analysierte die „IT in der medizinischen Versorgung“, die „IT in organisatorischen Prozessen des Gesundheitswesens“ und „Internationale E-Health-Aspekte“. Die Teilnehmer der Fachberufekonferenz diskutierten beispielsweise anhand der logopädischen Behandlung von Stimm-, Sprech- und Sprachstörungen die Konsequenzen der digitalen Neuerungen für Patienten und Versorgungsstrukturen, die Professor Dr. Sascha Sommer, Hochschule für Gesundheit in Bochum, vorstellte. Doch der Einsatz neuer Technologien wirke sich nicht nur auf die direkte Beziehung zwischen Patienten und Behandelnden aus. Auch für die interdisziplinäre Kooperation zwischen Ärzten und Beschäftigten der Gesundheitsfachberufe ergäben sich neue Anforderungen. Professor Dr. Manfred Hülsken-Giesler, Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar, vertrat jedoch die Auffassung, dass derzeit die Gesundheitsfachberufe nicht ausreichend auf die Herausforderungen der digitalen Technologien im Gesundheitswesen vorbereitet seien. Die Dominanz der digitalen Technologien im Alltag, insbesondere der technischen Gesundheitsberufe, zeigte Andreas Pfeiffer vom Klinikum Stuttgart mit Beispielen aus der Strahlentherapie und der Labormedizin.
Kompetenzen
Die Konferenz widmete sich auch der Frage, welche Kompetenzen die Berufsangehörigen benötigen, um die neuen elektronischen Möglichkeiten optimal anzuwenden, und wie dieses Wissen in der Aus- und Fortbildung möglichst rasch vermittelt werden könne. Nach Überzeugung der Teilnehmer erwarteten die Patienten eine sachkundige Beratung durch Ärzte und Angehörige der Pflege- oder Therapieberufe, etwa zu medizinischen Apps oder zu den Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte. Dabei seien sowohl Fragen der Datensicherheit wie auch der Qualität insbesondere bei den zahlreichen medizinischen Apps zu berücksichtigen. Die Konferenzteilnehmer betonten, dass viele Anwendungen im Bereich Lifestyle und Medizin bei Prävention, Diagnostik und Therapie zwar nützlich seien, jedoch auch Risiken im Hinblick auf die Zuverlässigkeit und die Sicherheit der Daten bergen. Die Fachberufekonferenz forderte deshalb die Anbieter von Gesundheits-Apps auf, Nutzer in verständlicher Sprache über die Funktionen der jeweiligen App aufzuklären. Die Transparenz bei der Datenverarbeitung und die Kontrolle der Nutzer über ihre eigenen Daten müssten gewährleistet sein. Die Teilnehmer wiesen zudem auf die Auswirkungen der Digitalisierung gerade bei technischen Gesundheitsberufen hin. Der Ersatz mechanischer Arbeit durch Informationstechnologie erfordere ein deutlich höheres Abstraktionsvermögen als bisher. Anstatt beispielsweise im Labor mechanische Abläufe durchzuführen, erhielten Risiko-, Prozess- und Ausfallmanagement einen immer höheren Stellenwert. Diese Kompetenzen müssten Eingang in die entsprechenden Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen sowie in die Fortbildung finden. Die Fachberufekonferenz befasste sich darüber hinaus mit einer Palette aktueller Themen, wie beispielsweise „Hausärztliche Versorgung/Allgemeinmedizin“, „Nichtärztliche Praxisassistentin“, „Physician Assistant“, „Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung“, „Osteopathie“, „Case Management in der ambulanten Versorgung“ und „Schulgesundheitsschwestern“.
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