Gemeinwohlorientierte öffentliche Wasserwirtschaft

Dr. Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer

Zunehmende Hitzeperioden, Dürre und Wasser hängen unmittelbar miteinander zusammen. Wir gehen einem dramatischen Mangel dieser für alle Menschen essenziellen Ressourcen entgegen und müssen deshalb auch von ärztlicher Seite zu einem verantwortungsvollen Umgang aufrufen. Schon unsere Berufsordnung ist dafür die Grundlage. Dort ist Folgendes festgehalten: ­Aufgabe des Arztes ist es, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken. Wasser als Lebensgrundlage und seine Bedeutung für unsere Gesundheit sind unstrittig. Wasser ist das Lebensmittel Nummer eins. So ist 2010 das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser von der Vollversammlung der Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt worden.

Unser Trinkwasser stammt zu 70 Prozent aus Grund- und Quellwasser. Es ist von so hoher Qualität, dass es direkt aus der Leitung zum Genuss zur Verfügung steht. 99,2 Prozent aller Haushalte sind an die kommunale Wasserversorgung angeschlossen und haben damit relativ preiswert Zugang zu dieser lebenswichtigen Ressource. Bei weitem nicht selbstverständlich in weiten Teilen unserer Welt.  Zwei Milliarden Menschen, jede und jeder ­Vierte, haben keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Wasser. Wenn nun das ohnehin sinkende Grundwasser durch Konzerne zur Vermarktung entnommen wird, können unter Umständen die Kommunen ihrer wichtigen Aufgabe nicht mehr nachkommen, die Trinkwasserversorgung im aktuellen Umfang sicherzustellen. Ein Blick auf die Grundwasserstände in Bayern zeigt: 61 Prozent der oberflächennahen Messstellen wiesen Anfang März niedrige oder sehr niedrige Grundwasserstände auf. In den tieferen Grundwasser-Stockwerken waren es sogar 71 Prozent. Seither hat sich die Lage nur unwesentlich gebessert. Dabei sollten die Grundwasserspeicher zu Frühjahrsbeginn eigentlich gut gefüllt sein.

Auf der Seite des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz können wir lesen: „Wasserversorgung ist eine kommunale Aufgabe im eigenen Wirkungskreis. Rund 2.200 Versorgungsunternehmen garantieren eine flächendeckende Versorgung mit genügend Wasser und hoher Zuverlässigkeit. Die dezentrale Versorgungsstruktur unter Verantwortung der Kommunen hat sich bewährt. Allen Bestrebungen zu einer Liberalisierung des Wassermarktes, das heißt Einführung eines möglichst freien Wettbewerbs, wird eine klare Absage erteilt. Wasser als unentbehrliches und nicht ersetzbares Lebensmittel darf nicht gehandelt werden wie Strom oder Gas. Die Wasserversorgung soll als Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge in kommunaler Hand bleiben. Eine Beteiligung Privater bei der Durchführung der kommunalen Aufgabe Wasserversorgung kann sinnvoll sein, die Entscheidungshoheit aber soll in kommunaler Hand belassen werden.“

Es muss also dafür Sorge getragen werden, Wasser nicht zu einem Konsumgut zu machen, sondern im Sinne der kommunalen Daseinsfürsorge weiterhin für alle Bürgerinnen und Bürger kostengünstig zur Verfügung zu stellen – worauf im Übrigen auch die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft immer wieder nachdrücklich hinweist. Bayern kann hier im Sinne der UN-Resolution von 2010 durchaus eine Vorreiterrolle einnehmen, auch wenn keine rechtliche Verpflichtung zu deren Umsetzung besteht. Umwelt- und Verbraucherschutz sollte hier Vorrang vor kommerziellen Interessen haben. Zudem wäre es im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, in der Folgendes formuliert ist: „Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss […] es ist erforderlich, eine integrierte Wasserpolitik in der Gemeinschaft zu entwickeln.“ Aus meiner Sicht auch im Hinblick auf das sich verändernde Klima.

Ein Staat verletzt das Menschenrecht auf Wasser, wenn er keine adäquate Grundversorgung mit Wasser und sanitären Einrichtungen gewährleistet. Und die Wasserinfrastruktursysteme müssen ein nachhaltiges und faires Tarifsystem bieten. So weit, so gut. Damit aber fairer Zugang und Nutzung der Ressource Wasser gegeben ist, sollte auch in Bayern der sogenannte „Wassercent“ eingeführt werden – ein in fast allen deutschen Bundesländern für die Entnahme von Grundwasser und Oberflächenwasser erhobenes Entgelt. Dessen Höhe bewegt sich in der Regel im Bereich weniger Cent pro Kubikmeter. Das ist nur recht und billig, wenn die Situation droht, dass mehr Grundwasser entnommen wird als zum Gebrauch erforderlich ist.

Um die Qualität unseres Trinkwassers künftig zu erhalten, ist es darüber hinaus notwendig, es vor Verunreinigung jeglicher Art zu schützen. Dazu gehört insbesondere auch die Einhaltung und Überwachung der Gülleverordnung. Übermäßige Belastung von Gewässern und auch Grundwasser durch Nitrat, Sulfat und Stickstoff schädigt nicht nur die Umwelt, sondern direkt die Gesundheit der Menschen. Gesundheitsschutz im Klimawandel betrifft also nicht nur Hitze-Aktionspläne, sondern erfordert die gemeinsame Betrachtung von Wasser, Klima und Ökosystemen. Für die Gesundheit der Menschen. Deren Erhalt ärztliche Aufgabe ist.

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