Gesundheitspolitische Agenda zur Bundestagswahl
Die nächste Bundestagswahl findet im Herbst 2017 statt. Die Bundesärztekammer (BÄK) hat bereits Positionen zur Wahl 2017 formuliert, die es sich lohnt, genauer anzuschauen.
Ärztliche Selbstverwaltung benötigt Gestaltungsspielraum
Die ärztliche Selbstverwaltung ist Ausdruck der Freiberuflichkeit. Die medizinisch-fachliche Weisungsungebundenheit des Arztes und die im ärztlichen Berufsrecht verankerte Verpflichtung zur Übernahme von Verantwortung für das Wohl seiner Patienten einerseits und gegenüber der Gesellschaft andererseits, stellen den wirksamsten Patientenschutz dar. Jedoch werden diese Wesensmerkmale freiheitlicher Berufsausübung durch Kommerzialisierung, Kontrollbürokratie und durch staatliche Interventionen zunehmend in Frage gestellt. Vielfältige Regulierungen haben die Kompetenzen der ärztlichen Selbstverwaltung immer weiter beschnitten. Die Politik ist deshalb aufgefordert, der ärztlichen Selbstverwaltung wieder die Gestaltungsspielräume zu geben, die sie für die Sicherung einer hochwertigen gesundheitlichen Versorgung der Patientinnen und Patienten benötigt.
Duales Krankenversicherungssystem zukunftsfit machen
Das duale Versicherungssystem mit den beiden Säulen gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und private Krankenversicherung (PKV) sichert die große Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitswesens. Diese darf nicht durch die Einführung eines Einheitssystems, wie eine Bürgerversicherung, gefährdet werden. Diese löst kein einziges Problem, sondern schafft nur neue, verhindert sie doch Wettbewerb und gefährdet die Therapiefreiheit des Arztes sowie die Wahlfreiheit der Bürger. Im Bereich der PKV sind Transparenz und Vergleichbarkeit der Tarife, ein Verzicht auf unangemessene Anreize für Versicherungsvermittler sowie ein suffizienter Schutz des Versicherten vor inadäquaten Tarifsteigerungen unverzichtbar. Ebenso muss die Portabilität gewährleistet werden. Bei der GKV ist bei der Weiterentwicklung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs auf eine ausgewogene Verteilungssystematik zu achten. Ebenso sind Selbstbehalts- und Kostenerstattungstarife anzudenken, um die Selbstbestimmung der Versicherten zu stärken.
Für eine bedarfsgerechte Finanzierung der Krankenhäuser
Krankenhäuser müssen wegen fehlender Investitionsmittel mehr Geld aus der Betriebsfinanzierung zur Abdeckung unaufschiebbarer, investiver Maßnahmen zweckentfremden. Mittlerweile beläuft sich der Investitionsstau in den Krankenhäusern auf 27 bis 30 Milliarden Euro. Darunter leiden in den Kliniken gleichermaßen Patienten und Personal. Die Länder müssen endlich ihren Investitionsverpflichtungen vollumfänglich nachkommen. Die grundgesetzlich verbriefte Krankenhausplanungshoheit muss auf Landesebene verbleiben. Änderungsbedarf besteht auch bei der Systematik der Fallpauschalenvergütung.
Qualität und Patientensicherheit!
Das mit dem Krankenhausstrukturgesetz vorgesehene Konzept von Qualitätszu- und -abschlägen ist nicht zweckmäßig, denn nicht absehbar dabei sind die Risiken für Fehlsteuerung, zu groß die methodischen Herausforderungen. Das gegenwärtige Verfahren mit Benchmarks und strukturiertem Dialog bietet den notwendigen Raum, den die Krankenhäuser zur Reflexion und Weiterentwicklung ihres Handelns benötigen. Die Verankerung einer Sicherheitskultur in den Einrichtungen der Gesundheitsversorgung droht durch eine unzulässige Reduzierung auf ein System aus Schuld und Sanktionen zurückgeworfen zu werden.
Interprofessionelle Kooperation ist angesagt
Die Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen bei klaren Verantwortlichkeiten ist zu unterstützen. Erfolgversprechend sind insbesondere die Förderung der interprofessionellen Kooperation auf der Basis vorhandener Kompetenzen und die Integration unterschiedlicher beruflicher Kompetenzen in multiprofessionellen Teams. Nur durch eine enge Zusammenarbeit von Ärzten mit Angehörigen der Gesundheitsfachberufe können die gegenwärtigen und zukünftigen Probleme, etwa hinsichtlich der soziodemografischen Entwicklung und der Komplexität der modernen Medizin, bewältigt werden. Der Vorbehalt des Arztes für die Diagnose- und Indikationsstellung, die Therapieentscheidungen und die Gesamtverantwortung im Rahmen des Behandlungsprozesses sind jedoch unverzichtbar, gerade bei immer komplexer werdenden Versorgungsprozessen und -strukturen sowie aus Gründen der Patientensicherheit.
Fazit
Die Stärkung der ärztlichen Freiberuflichkeit und die damit verbundene Sicherung des Handlungsspielraums für unsere ärztliche Selbstverwaltung, die Beibehaltung und Weiterentwicklung unseres dualen Krankenversicherungssystems, die Gewährleistung einer bedarfsgerechten Finanzierung unserer Krankenhäuser, die Entwicklung versorgungsgerechter Konzepte für Kooperationen im Gesundheitswesen und die Etablierung einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung im Sinne der Optimierung der Patientenversorgung – diese Themen gehören nach meiner Überzeugung dringend auf die gesundheitspolitische Agenda der nächsten Bundesregierung. Lassen Sie uns gut ein Jahr vor der Bundestagswahl 2017 den Blick nach vorne richten und nehmen wir auch die gesundheitspolitische Programmatik der politischen Parteien diesbezüglich kritisch unter die Lupe, dürfte dies doch für uns (mit-) wahlentscheidend sein. Bringen Sie sich in die politische Debatte ein. Gehen Sie mit uns aktiv auf unsere politischen Vertreter zu und vertreten Sie mit uns gemeinsam unsere gesundheitspolitischen Forderungen!
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