Gesundheitspolitischer Austausch im Bayerischen Landtag

Gesundheitspolitischer Austausch

Anfang April 2019 traf sich das Präsidium der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) um den Präsidenten Dr. Gerald Quitterer sowie seinen Vizepräsidenten Dr. Andreas Botzlar und Dr. Wolfgang Rechl mit den Mitgliedern des Ausschusses für Gesundheit und Pflege im Bayerischen Landtag. Der Vorsitzende des Ausschusses, Bernhard Seidenath (CSU), begrüßte die zwölf Abgeordneten aller sechs Fraktionen des Bayerischen Landtags und lobte den – mittlerweile – institutionellen jährlichen Austausch.

Themenvielfalt

BLÄK-Präsident Quitterer hatte eine Vielzahl an Themen auf der Agenda. Zur hausärztlichen Versorgung verwies er auf den erhöhten Bedarf an Ärztinnen und Ärzten, der die Basis für die weitere Versorgung bilde. Gleichzeitig betonte er den Bedarf an Klinikärzten bzw. an Fachärzten und dass es darum gehe, hierfür gemeinsame Lösungen zu finden.

Martin Mittag (CSU) aus Coburg signalisierte, dass die Politik beim Thema ärztlicher Nachwuchs unterstützend agieren müsse. Helmut Radlmeier (CSU), Abgeordneter aus Landshut, berichtete aus Niederbayern, dass die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) hinsichtlich der Bedarfsplanung „oftmals der große Hemmschuh“ bei der Besetzung von freien Arztsitzen sei. Auch von anderen Abgeordneten wurde angemahnt, dass die Planungsbereiche künftig so gestaltet werden müssten, dass bayernweit eine wohnortnahe medizinische Versorgung gewährleistet werden könne. Quitterer wies darauf hin, dass im Landesausschuss notwendige Änderungen durchaus vorgebracht werden, dies aber primär Aufgabe der Schwesterkörperschaft KVB sei.

Leichenschau

Ein wichtiges Anliegen war dem Präsidenten die Vergütung der Leichenschau. Es könne nicht sein, dass Ärzte kriminalisiert würden, wenn sie ihre Leistungen bei der Leichenschau abrechneten, machte Quitterer deutlich. In der gültigen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sei die Leichenschau unterbewertet. „Bei der Leichenschau handelt es sich um eine verantwortungsvolle und aufwändige ärztliche Tätigkeit, die dringend mehr Wertschätzung erfahren und entsprechend vergütet werden muss.“ Die derzeitigen Abrechnungsmöglichkeiten bildeten keinesfalls den Aufwand ab, den Ärzte vornehmen müssten, wenn sie eine Leichenschau durchführen. Werde der Arzt beispielsweise durch die Polizei zu einer Leichenschau gerufen, könne er dabei lediglich den einfachen Satz der Gebührenordnung in Höhe von 14,52 Euro ansetzen (Nr. 100 GOÄ) plus Wegegebühren. Zuschläge für eine Durchführung am Wochenende oder nachts könnten nicht berechnet werden, da sie in der Gebührenordnung nicht vorgesehen seien und die Nr. 100 keine zuschlagsberechtigte Ziffer sei. Quitterer forderte eine baldige adäquate Vergütung und keine Vertröstung auf eine bessere Regelung in der anstehenden Novellierung der GOÄ, auf die die Ärzte seit 20 Jahren warteten.

Der Vorschlag des Präsidenten, die Leichenschau im Bestattungsrecht zu verankern, fand bei den Abgeordneten Zustimmung. Der Ausschussvorsitzende Seidenath versprach, das Thema weiter zu verfolgen.


Konstruktiver Austausch im Bayerischen Landtag.

Medizinstudium und ärztlicher Nachwuchs

Quitterer mahnte an, den Zugang zum Medizinstudium endlich neu gestalten zu müssen. Nicht nur derjenige, der ein Einserabitur habe, solle Medizin studieren können, sondern auch diejenigen, die sich bereit erklärten, nach dem Studium in die ärztliche Versorgung auf dem Land zu gehen. Nach seinem Vier-Säulen-Modell sollten bei der Vergabe von Studienplätzen, neben der Abiturnote, dem Medizinertest, der Wartezeit auch die Bereitschaft und Kompetenz für eine Niederlassung im ländlichen Raum berücksichtigt werden.

Quitterer forderte außerdem eine Erhöhung der Medizinstudienplätze. Durch Initiativen des Freistaates Bayern sowie durch Gerichtsurteile gebe es aktuell viel Bewegung. „Wir sind froh, dass wir mehr Medizinstudienplätze in Bayern bekommen.“ In Bayern entstünden mit Augsburg und Bayreuth insgesamt 2.100 Studienplätze in der Humanmedizin, so Seidenath. Er mahnte an, dass andere Bundesländer nachziehen und gleichermaßen Medizin-Studienplätze schaffen müssten, um der Nachfrage an Studienplätzen langfristig nachkommen zu können. Der Bedarf sei groß.

Beim Thema Wartezeiten sei die Staatsregierung der Auffassung, dass bei der Vergabe der Studienplätze die Länge der Wartezeit nach wie vor berücksichtigt werden müsse. Vizepräsident Botzlar bekräftigte, dass die Erhöhung der Studienplätze essenziell sei und man es schaffen müsse, den Mangel abzustellen. Das Missverhältnis zwischen Bedarf und Angebot sei groß.

Ruth Waldmann (SPD), stellvertretende Ausschussvorsitzende, wies darauf hin, dass auch hinsichtlich der Arbeitsbedingungen der Ärzte etwas getan werden müsste, um dem Image des gestressten Arztes im Krankenhausschichtdienst entgegenzuwirken. Dem pflichtete Vizepräsident Rechl bei. Neben der Imagepflege des Arztberufes müsse vor allem die Allgemeinmedizin weiter gefördert werden. Hinsichtlich der Studienplatzerhöhung warnte Rechl vor zu vielen Insellösungen vielerorts, die der akademischen Ausbildung am Ende nicht gerecht würden. Stattdessen sollten die bereits bestehenden Universitäten die Anzahl ihrer Studienplätze erhöhen.

Dr. Dominik Spitzer (FDP), niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin im Allgäu, betonte, wie wichtig es sei, potenziellen Landärzten eine attraktive Infrastruktur zu bieten und die Regressgefahr weiter auf niedrigem Niveau zu halten. Kerstin Celina (Bündnis 90/Die Grünen) schlug vor, durch mehr Werbung für Vorzüge der jeweiligen Gesundheitsregionen Ärzte für den ländlichen Raum zu begeistern.

Fachsprachenprüfung

Ein weiteres Thema der Diskussionsrunde war die Fachsprachenprüfung. Hierzu erklärte der Präsident, dass die BLÄK seit April 2017 über 2.000 Prüfungen im Auftrag der Staatsregierung durchgeführt habe. Wichtig sei, dass die Sprachprüfung nach den vorgegebenen Standards durchgeführt werde. In Bayern sei, im Unterschied zu anderen Bundesländern, immer ein sprachwissenschaftlich Qualifizierter dabei. Quitterer machte deutlich, dass Sprachkenntnisse auf C1-Niveau mit zur Patientenversorgung gehörten und es nicht reiche, eine Untersuchung technisch zu beherrschen. „Die Patientenversorgung ist ein geschützter Raum, den wir nur mit entsprechenden Sprachkenntnissen darstellen können.“

Weitere Themen, die diskutiert wurden, waren das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), die Digitalisierung und die Fernbehandlung. Hinsichtlich des TSVG kritisierte Quitterer die Erhöhung der Sprechstunden, die Ärzte anbieten müssten. Grundsätzlich müsse zwischen Bedarf und Bedürfnissen der Patienten unterschieden werden. Die „24/7-Mentalität“ sei auf den Prüfstand zu stellen. Beim Thema Digitalisierung waren sich die Diskutanten einig, dass eine Gestaltung nur mit der Ärzteschaft möglich sei. Ein entscheidender Weg sei die Einrichtung einer eigenen Telematikplattform für Ärzte, wobei die Patientinnen und Patienten mitentscheiden könnten, welche Daten sie in ihrer eigenen Gesundheitsakte speichern.

Autor
Sophia Pelzer (BLÄK)

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