Hilfe für tausende blinde Kinder in Mosambik

Dr. Isaac Vasco da Gama bei einer Untersuchung

Seit Jahren unterstützt die Universitätsaugenklinik München ehrenamtlich „Licht für die Welt e. V.“ im Kampf gegen vermeidbare Blindheit. Nun baut die Organisation das erste Zentrum für augenkranke Kinder in Mosambik auf.

Hunderte Menschen aller Altersgruppen haben sich auf dem staubigen Vorplatz der Gesundheitsstation in der mosambikanischen Provinz Zambezia versammelt. Manche haben eine lange Anreise oder ewige Fußmärsche in der sengenden Sonne hinter sich. Denn heute ist ein besonderer Tag: Ausnahmsweise kann die spartanisch eingerichtete Gesundheitsstation Augenuntersuchungen anbieten.
Augenarzt Dr. Isaac Vasco da Gama und sein Team sind für einige Tage vor Ort, um die ärmsten Menschen der Region Zambezia im ostafrikanischen Land Mosambik auf Augenkrankheiten und Verletzungen zu untersuchen. „Es ist ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit, regelmäßig mobile Hilfseinsätze in entlegenen ländlichen Regionen durchzuführen“, erzählt Dr. Vasco da Gama, der normalerweise am Krankenhaus in der Provinzstadt Quelimane arbeitet. Alle paar Monate führt er Hilfseinsätze in ländliche Regionen durch – sobald dafür genügend Geld da ist. Vor allem aufgrund der Unterstützung der Organisation „Licht für die Welt e. V.“ sind Einsätze möglich, bei denen auch Augenoperationen durchgeführt werden können.
Um Untersuchungen durchzuführen, müssen sein Team und er zeitweise auch auf öffentliche Gebäude oder spartanisch eingerichtete entlegene Gesundheitsstationen ausweichen. Denn gerade im ländlichen Raum, wo die Mehrheit der Einwohner Mosambiks lebt, steckt die Gesundheitsversorgung im augenmedizinischen Bereich noch in den Kinderschuhen. Schätzungsweise 1,2 Millionen Menschen in Mosambik sind blind oder sehbehindert.

Nur 25 Augenärzte für 30 Millionen Einwohner

Vor allem fehlt es im Land an Fachpersonal. In ganz Mosambik sind nur 25 Ophthalmologen tätig – sie versorgen die rund 30 Millionen Einwohner. Das wäre in Deutschland unvorstellbar. In Deutschland arbeiten laut Statistik der Bundesärztekammer derzeit landesweit 7.497 Augenmediziner.
Einer der wenigen Augenärzte in Mosambik ist Kollege Vasco da Gama. Er ist gleichzeitig der erste und bislang einzige Kinderaugenarzt im gesamten Land und trägt damit eine große Verantwortung für die Augengesundheit der heranwachsenden Generation.
Bedrückt erzählt er uns, dass 2017 bei 378 Kindern in der Provinz Zambezia Kinderkatarakt festgestellt wurde. Doch nur vier der Kinder konnten damals operiert werden. Das war bevor Dr. Vasco da Gama dort gearbeitet hat. Es fehlte an Fachpersonal, aber auch an ausreichend Medikamenten, Operationswerkzeugen, Räumlichkeiten, Weiterbildungsmöglichkeiten für Ärzte, Bewusstsein bei Eltern und an so vielem mehr.
Besonders dramatisch ist, dass nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Hälfte der Kinder, die aufgrund eines Vitamin-A-Mangels erblindet, innerhalb eines Jahres nach der Erblindung stirbt. Vitamin-A-Mangel ist die führende Ursache für vermeidbare Blindheit bei Kindern.
Um die augenmedizinische Versorgung von Kindern nachhaltig zu verändern, errichtet die Organisation „Licht für die Welt e. V.“ in der Augenabteilung des Krankenhauses in der mosambikanischen Provinz Zambezia ein Zentrum für augenkranke Kinder. Es wird das erste und einzige in ganz Mosambik sein. Hier sollen endlich Untersuchungen und fachgerechte Behandlungen für Kinder wie Gerson Tivir (siehe Foto) möglich sein.


 
Dr. Isaac Vasco da Gama untersucht Gerson Tivir.


Bei dem heute Dreijährigen wurde bereits kurz nach seiner Geburt eine Trübung der Augenlinse (Katarakt) diagnostiziert. Die Operation des grauen Stars ist heute bei Erwachsenen ein Routineeingriff, bei dem in meist weniger als 15 Minuten die getrübte Linse entfernt und durch eine klare Kunstlinse ersetzt wird. Bei Kindern ist diese Operation sowie die weitere Behandlung allerdings selbst bei uns eine Herausforderung. Da sich die Augen noch in der Entwicklung befinden, muss eine kindliche Katarakt-Operation möglichst zeitnah und mit äußerster Vorsicht durchgeführt werden.
Wird die Operation nicht rechtzeitig durchgeführt, kommt es zu irreversibler Blindheit der Kinder. Obwohl die Behandlung des grauen Stars in sogenannten „Entwicklungsländern“ schwerer zu organisieren ist, kann heute auch in Ländern wie in Mosambik diese Operation im Schnitt für rund 30 Euro ermöglicht werden. Gerson hatte Glück. Sein Katarakt konnte rechtzeitig behandelt werden und nun nutzt der kleine Patient seine freien Minuten, um zu malen und mit seinen drei älteren Geschwistern zu spielen.


Dr. Isaac Vasco da Gama im Operationssaal.

Ausbildung von Augenmedizinern ist essenziell

Dringend benötigt das Land weitere Augenärzte und Fachkräfte im sekundären und primären Level des Gesundheitssektors. Die Organisation „Licht für die Welt e. V.“ arbeitet gezielt in diesem Bereich, um nachhaltig das Gesundheitssystem im Land zu stärken.
Gerade sind fünf mosambikanische Allgemeinärzte in der Fachausbildung als Augenmediziner in Tansania und Kenia und schließen das Studium 2020 ab. Dies ermöglicht ihnen ein Stipendium von „Licht für die Welt e. V.“. Auch in Mosambiks Hauptstadt Maputo wird eine praktische Facharztausbildung angeboten. Dafür müssen die angehenden Augenärzte mindestens 40 Patienten operieren. Doch in der Ausbildungsklinik in Maputo ist das Patientenaufkommen aufgrund der prekären Operationsbedingungen und der Zahl der Ärzte in Fachausbildung viel zu gering, um genügend praktische Erfahrung zu sammeln. Der Abschluss verzögert sich oftmals um Jahre und die Ärzte verbleiben mit wenig chirurgischer Praxis in der Ausbildungsklinik statt in unterversorgten Gebieten die wichtige Arbeit aufzunehmen. Hier kommt „Licht für die Welt e. V.“ ins Spiel: die Organisation ermöglicht mit Spenden, dass angehende Augenärzte in der Abschlussphase ihrer Ausbildung im Rahmen eines Praktikums an verschiedenen Standorten im ganzen Land Operationen durchführen können. So ein Reisepraktikum kostet im Schnitt rund 4.000 Euro – dieses Geld kann die Regierung aber nicht aufbringen. Mit einem breit angelegten Stipendienprogramm konnte „Licht für die Welt e. V.“ bereits für fünf der derzeit tätigen Augenärzte im Land eine Ausbildung ermöglichen – mit Spenden aus Europa. Einer der Augenärzte ist Dr. Isaac Vasco da Gama. Er erhielt ein internationales Stipendium für die Ausbildung, die insgesamt rund 60.000 Euro kostet. Vasco da Gama schloss sein Studium in allgemeiner Augenmedizin in der Stadt Moshi, Tanzania am Kilimanjaro Christian Medical College mit Auszeichnung ab. Ende 2016 begann er in der Provinz Zambezia in Mosambik zu arbeiten. Aufgrund seines erfolgreichen Abschlusses erhielt er 2017 die Möglichkeit, sich im Rahmen eines stiftungsfinanzierten Fellowships in Indien auf dem Gebiet der Kinderaugenheilkunde zu spezialisieren. Im Mai 2018 kehrte er endgültig in sein Heimatland Mosambik zurück. Mit ihm als Experten konnte „Licht für die Welt e. V.“ beginnen, im Krankenhaus in Quelimane eine Augenabteilung mit integrierter pädiatrischer Einheit aufzubauen. Diese wird in Zukunft das Referenzzentrum für Kinderaugenheilkunde für das gesamte Land, bis es hoffentlich weitere Kinderaugenärzte gibt.
Seit seiner Rückkehr nach Mosambik hat Dr. Vasco da Gama bereits rund 500 Kinder operiert. Doch weitaus mehr Kinder warten auf eine augenlichtrettende Operation. Derzeit sind allerdings die Räumlichkeiten im Quelimane Krankenhaus noch unzureichend ausgestattet und das spezialisierte Equipment noch nicht vollständig. Sobald der Augenabteilung erste neue Räumlichkeiten zugeordnet und diese fachgerecht eingerichtet sind, wird Dr. Vasco da Gama auch Augenkrankentechniker und allgemeines Gesundheitspersonal weiterbilden, um die Arbeit weiter zu verbessern. So sollen noch mehr kleine Patientinnen und Patienten eine augenlichtrettende Operation erhalten.
Die Geschichte von Dr. Vasco da Gama ist nur ein Beispiel dafür, was die Aus- und Weiterbildung eines Augenarztes in Mosambik und anderen sogenannten „Entwicklungsländern“ bewirken kann. Mithilfe von Spenden aus Deutschland hofft „Licht für die Welt e. V.“ eine stetige Ausweitung der kinderaugenmedizinischen Services, der Weiterbildungen anderer Augenärzte und auf lange Sicht ein großes Schulaugengesundheitsprogramm ermöglichen zu können. Die Augenarztstipendien sind ein Hebel für die dringend benötigte Weiterentwicklung des Gesundheitssystems.
Als Ärztinnen und Ärzte kennen wir die Bedeutsamkeit von Aus- und Weiterbildung – eine nachhaltige Investition in einen Menschen, ein Land und die Gesundheit der gesamten Bevölkerung. Jede Spende hilft, dass auch in weniger privilegierten Ländern Menschen ein bisschen mehr in Würde leben können. Als Arzt sehe ich meine Verantwortung darin, hier tatkräftig zu unterstützen. Ich bin beeindruckt vom Einsatz meines Kollegen Vasco da Gama, der unter widrigen Bedingungen Menschen Zukunft schenkt. Wenn auch Sie helfen möchten, können Sie an „Licht für die Welt e. V.“ spenden.
Licht für die Welt ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in München, die weltweit blinde und augenkranke Menschen unterstützt.


Spendenkonto „Licht für die Welt e. V.“, IBAN: DE58 7002 0500 0009 8342 00, BIC: BFSWDE33MUE

Internet
www.licht-fuer-die-welt.de

Autor
Universitätsprofessor Dr. Siegfried Priglinger, Direktor der Augenklinik, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, Mathildenstraße 8, 80336 München

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