Hitzeaktionstag im Ärztehaus Bayern

Symbol Bündnis Hitzeschutz Bayern

Während Teile Bayerns gerade extremen Starkregen und die katastrophalen Auswirkungen von Hochwasser zu bewältigen hatten, fand unter dem Titel „Mit Hitze keine Witze“ der Hitzeaktionstag des Bündnis‘ Hitzeschutz Bayern Anfang Juni in der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) statt, um im Rahmen der bundesweiten Hitze­aktionswoche auf die Gesundheitsgefahren von Hitzewellen aufmerksam zu machen und mögliche Gegenmaßnahmen zu diskutieren. Im Ärztehaus Bayern in München stellten die Bündnispartnerinnen und -partner zahlreiche wichtige Projekte zur Verbesserung des Hitze­schutzes vor – von klimasensibler Gesundheitsberatung durch die Krankenkassen und Arzneimittelberatung über Hitzeschutztipps durch Apotheken bis hin zu Hitzeschutz-Fortbildungen und Musterhitzeschutzplänen für ärztliche Praxen und Kliniken.

Zudem wurden Forderungen an die Politik für ein hitzeresilientes Deutschland ­bekräftigt. Dazu gehöre ein klarer gesetzlicher Rahmen für gesundheitlichen Hitzeschutz auf Bundes-, Landes- und vor allem kommu­naler Ebene. Dies gelte auch für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sowie für Betriebe, Kitas und Bildungseinrichtungen. Zudem sollte Hitzeschutz auch in relevanten Rechtsnormen und Verordnungen anderer Sektoren berücksichtigt werden. Hierzu gehörten insbesondere das Baurecht und das Arbeitsrecht.

Extremwetter und Gesundheitskompetenz

Dr. Gerald Quitterer, Präsident der BLÄK, stellte gleich eingangs klar, dass die derzeitige kritische Hochwasserlage nachvollziehbar mit der Klimaveränderung und den zu erwartenden Hitzewellen zusammenhänge. „Aufgrund des Klimawandels sind zukünftig immer häufigere Extremwetterlagen und länger andauernde Hitzeperioden zu erwarten, die der Gesundheit der Menschen in Bayern erheblich schaden können. Bereits jetzt kommt es jedes Jahr zu zahlreichen hitzebedingten Todesfällen. Als Bündnis wollen wir deshalb Wissen über die gesundheitlichen Folgen von Hitze in Gesundheitseinrichtungen, bei unseren betreuten Patientinnen und Patienten sowie in der Bevölkerung verbreiten“, erklärte Quitterer. Mit Blick auf die Landeshauptstadt München zeige der langjährige Trend: An der Wetterstation München-Stadt ist die durchschnittliche tägliche Höchsttemperatur vom 4. Mai bis zum 2. Juni seit 1961 um etwa 3,2 Grad gestiegen. Dennoch gebe es beim Thema Hitzeschutz noch reichlich Luft nach oben. „Damit Bayern langfristig für Hitzewellen gerüstet ist, braucht es im Freistaat einen verbindlichen Hitzeaktionsplan zur Prävention hitzebedingter Erkrankungen, der Basis für die Umsetzung auf kommunaler Ebene sein sollte“, so Quitterer. Der BLÄK-Präsident appellierte an die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger, sich für dieses wichtige Anliegen einzusetzen.

Das Klima: Stand der Dinge

Dr. Martin Herrmann, 1. Vorsitzender der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit und Moderator des Symposiums, ergänzte: „In diesen Tagen beteiligen sich mehr als 50 Schlüsselinstitutionen mit über hundert Veranstaltungen am 2. bundesweiten Hitzeaktionstag. Sie alle setzen Hitzeschutz für dieses, aber auch für die nächsten Jahre auf die Agenda. Das ist ein Appell an alle, Hitzegefahren ernstzunehmen und Hitzeschutz konsequent umzusetzen. Wir übernehmen Verantwortung für ein hitzeresilientes Deutschland, fordern aber von der Politik, Hitzeschutz gesetzlich und haushälterisch zu verankern. Auch aus wirtschaftlichen Gründen können wir es uns nicht leisten, schlecht auf die steigenden Gesundheitsgefahren durch Hitze vorbereitet zu sein.“

Professor Dr. Harald Lesch, Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, der Keynote-Referent der Veranstaltung, zeigte in einem mitreißenden Vortrag: „In Europa steigen die Temperaturen deutlich schneller an, als im globalen Mittel. Gleichzeitig gibt es aufgrund der demografischen Entwicklungen deutlich mehr Risikopersonen als in anderen Ländern. Das führt dazu, dass die Gesundheitsgefahren durch Hitze in Deutschland besonders hoch sind. Der „Europäische Lancet-Countdown-Bericht“ hat das vor wenigen Wochen wieder eindrücklich gezeigt. Zudem müssen wir uns in Zukunft auf deutlich gefährlichere meteorologische Hitzeszenarien einstellen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass ­Gesundheitsakteure Verantwortung für Hitzeschutz übernehmen und mit dem Hitze­aktionstag Politik und Gesellschaft wachrütteln.“

Ein Video-Grußwort kam von Judith Gerlach, MdL, Bayerische Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention. Darin bekannte sich die Ministerin ausdrücklich zum Hitzeschutz und zur Bedeutung des Gesundheitsschutzes im Klimawandel.

 

Bereits zum zweiten Mal fand im Ärztehaus Bayern der Hitzeaktionstag mit den Bündnispartnerinnen und -partnern statt.

Gesundheitsberufe leisten Hitzeschutz

Die Bündnispartner gaben am Hitzeaktionstag kurze Statements in Form von Videobeiträgen oder Kurzreferaten ab. So ging es um den „Hitze­schutz in der Physiotherapie“ (Landesverband Bayern von Physio Deutschland), „Hitzeschutzmaßnahmen der bayerischen Landeshauptstadt“ (Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München), „Hitzeschutztipps aus ihrer Apotheke vor Ort“ (Bayerische Landesapothekerkammer), „Multiplikatoren-Projekte zum Thema Hitze“ (Medizinischer Dienst Bayern), „Arbeitsunfähigkeiten im Zusammenhang mit dem Gesundheitsrisiko Hitze“ (DAK Gesundheit), „GESUND BEGINNT IM MUND: Maßnahmen zum Hitzeschutz“ (Bayerische Landes­zahnärztekammer), „Risiken und Schutzmaßnahmen für die psychische Gesundheit bei Hitzewellen“ (Psychotherapeutenkammer Bayern), „Hitzeanpassung in bayerischen Kommunen“ (Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit), „Klimasensible Gesundheits- und Arzneimittelberatung“ (AOK Bayern) und „Trotz Hitze einen kühlen Kopf bewahren“ (München Klinik für Bayerische Krankenhausgesellschaft). Sie alle zeigten konkrete Projekte und Beispiele aus der Praxis aus ihren Bereichen im Gesundheitswesen.

So stellte beispielsweise das Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt München, die Hitzeleit­fäden für medizinisches Personal, Pflegepersonal und Angehörige vor. In der Planung sei die Aufstockung der öffentlich zugänglichen Trinkwasserbrunnen auf ca. 150 ­Anlagen im Stadtgebiet und eine Trinkwasserbrunnen-Karte. Gemäß einem Stadtrats­beschluss von Dezember 2023 sollen über 3.500 neue ­Bäume im öffentlichen Raum in den nächsten Jahren ­gepflanzt werden.

Die Psychotherapeutenkammer Bayern bietet einen Dreiklang aus Informationsvermittlung, Hitzeschutz in den eigenen Praxen und Vermittlung von Bewältigungsstrategien an. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel­sicherheit fokussiert sich auf ­Informationen über ­„Website – Broschüre – App – Rallye“. Genau wie die gesetzlichen Krankenkassen in Bayern setzt auch der ­Medizinische Dienst Bayern voll auf Information. Ziel sei es, im Rahmen der Pflegebegutachtung, künftig bei jedem Hausbesuch einen Flyer mit Tipps zum Hitzeschutz zu verteilen. Seitens der BLÄK wurde auf die auf der Homepage eingestellten Hitzeschutzpläne für Praxen und Kliniken sowie den Klima-Tipp des Monats im Bayerischen Ärzteblatt
hingewiesen.

Drei, die sich gut verstehen: Keynote-Speaker Harald Lesch, Präsident Dr. Gerald Quitterer und Moderator Martin Herrmann am Hitzeaktionstag (v. li.).

Trotz des dichten Programms kamen immer wieder spontane Diskussionsbeiträge auf, die das große Engagement aller Beteiligten beim Hitzeschutz unterstrichen. So ging es beispielsweise um die Fragen, wie die Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger weiter verbessert werden könne, welche ethischen Auswirkungen Hitzewellen hätten oder wie die Multiplikatoren noch mehr Bewusstsein schaffen könnten.

Die Hitzewellen werden in Bayern kommen – auch wenn aktuell die Hochwasserproblematik im Fokus stehe – waren sich die Beteiligten sicher. Gerade für Kleinkinder, ältere Menschen oder chronisch Kranke haben Hitzewellen tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit. Ebenso beeinträchtige die Hitze die Menschen am Arbeitsplatz und die Produktivität der Arbeitnehmerinnen und -nehmer. Die Gesundheitsberufe leisteten Hitzeschutz, spielten als Multiplikatoren eine zentrale Rolle und übernähmen Verantwortung für Hitzeschutz.

Dagmar Nedbal (BLÄK)

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