Neu in der Sportmedizin

Neu in der Sportmedizin

Profi- und Leistungssportler aber auch Freizeitsportler müssen in einem interdisziplinären Setting betreut werden. Dies betrifft schwerpunktmäßig die Fachbereiche Kardiologie und Pulmologie, andererseits aber auch die Orthopädie, Unfallchirurgie inklusive physikalische Medizin und Rehabilitation. Aber auch andere Fachbereiche, wie zum Beispiel Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Augenheilkunde oder Psychologie haben ihren Stellenwert. Der Sportarzt ist der Lotse für den Sportler. Neben seiner eigenen Expertise zieht er ­gegebenenfalls andere Fachleute hinzu und lenkt die Behandlung. Sportler werden nicht wie andere Patienten behandelt. Hier müssen Aspekte berücksichtigt werden, wie schnell der Patient wieder zum Training und zum Wettkampf zurückkehren kann, aber auch Gesichtspunkte des Dopings. Das interdisziplinäre Zentrum für Sportmedizin am LMU Klinikum bündelt an den Standorten Innenstadt und Großhadern die Expertise aus allen Fachbereichen.

Fallbeispiel 1: Persistierende

Palpitationen, Leistungsminderung und Konzentrationsstörungen ein Jahr nach COVID-19-Infektion
Die initiale Vorstellung des 45-jährigen Patienten im Mai 2023 erfolgte wegen Leistungsminderung, Palpitationen und Konzentrationsschwierigkeiten, bestehend seit einer COVID-19-Infektion im April 2022. Laborchemisch sowie elektrokardiografisch ergaben sich keine Auffälligkeiten. Echokardiografisch präsentierte sich eine normale systolische Funktion ohne Hinweise auf eine strukturelle Herzerkrankung. Bei anamnestischem Beschwerdebeginn nach Virusinfektion wurde eine MRT-Bildgebung veranlasst; diese bestätigte die unauffällige globale und regionale Pumpfunktion und ergab ein allenfalls diskretes „Late-Gadolinium-Enhancement (LGE)“ mit schwacher Signalsteigerung anterolateral mesokardial, vereinbar mit einer stattgehabten Myokarditis, jedoch ohne Zeichen einer floriden Entzündung des Herzmuskelgewebes (Abbildung 1).



Abbildung 1: diskretes „Late Gadolinium Enhancement“ (LGE) mit schwacher Signalsteigerung anterolateral mesokardial.

In der Sportanamnese berichtete der Patient vor der Infektion im ambitionierten Breitensport seit mehr als 20 Jahren im Radrennsport aktiv ­gewesen zu sein (Jahrestrainingspensum ca. 7.000 km).
Die sportliche Aktivität war seit der Infektion vor zwölf Monaten nicht wiederaufgenommen worden. Es erfolgte eine spiroergometrische ­Diagnostik; diese wurde durch den Patienten bei einer maximalen Belastung von 193 Watt wegen körperlicher Erschöpfung und Palpitationen abgebrochen. Ausgehend von der AHA-Klassifikation konnte das Leistungsniveau zwar als gut eingestuft werden, lag jedoch deutlich (gemessen am­VO2max) unter den dokumentierten physischen Belastungsgrenzen vor der COVID-19-Infektion. Elektrokardiografisch bot sich mit steigender Belastung eine supraventrikuläre ­Extrasystolie mit AV-Blockierungen (Abbildung 2).


Abbildung 2: Elektrokardiografische Aufzeichnung in Ruhe (oben) und unter maximaler Belastung (unten)

Nach weiterem Ausschluss einer pulmonalen Genese sowie einer koronaren Herzerkrankung (Koronar-CT), konnten die Beschwerden des ­Patienten im Wesentlichen im Rahmen einer erheblichen sowohl muskulär als auch kardiopulmonal bestehenden Dekonditionierung als Folge der protrahierten Schonung gewertet werden. Der technische Befund des MRT ist insbesondere im Hinblick auf die gute globale und regionale Funktion sowie des nur geringen LGE als prognostisch unbedeutend zu werten. ­Supraventrikuläre Ektopie (gehäufte SVES, ­ektope Vorhofrhythmen oder gar Vorhofflimmern) ist ein häufiger, aber meist spontan reversibler Befund nach COVID-19-Infektion.

Es erfolgte die Erstellung eines Trainingsplans zur Rekonditionierung bei der Verdachtsdiagnose eines „Post-COVID-Syndroms“. Entsprechend der Belastungsgrenzen der Spiroergometrie wurde ein regelmäßiges Ausdauertraining mit fünf Einheiten pro Woche von etwa einer Stunde Dauer bei niedriger Belastungsintensität (im aeroben Bereich; unter der Herzfrequenz der ersten ventilatorischen Schwelle der Spiro­ergometrie) angeraten, ergänzt um strukturiertes Krafttraining an den trainingsfreien Tagen. Bei der Verlaufskontrolle nach drei Monaten berichtete der Patient eine deutliche Besserung des physischen und psychischen Allgemein­befindens; apparativ konnte eine Verbesserung der Leistungsparameter dokumentiert werden. Nebenbefundlich konnte in der erneuten Leistungsdiagnostik das subjektive Empfinden einer Reduktion der Palpitationen auch objektiviert werden. Entsprechend dieses Befundes erfolgte nun die Intensivierung des Trainingsplans zum Konditionsaufbau mit dem Ziel der Wiedererlangung des alten Leistungszustandes.

Diskussion

Die Prävalenz der Patienten, die auch noch ­Wochen nach einer Primärinfektion mit SARS-CoV-2-Viren überbleibende Symptome klagen, wird auf 10 bis 20 Prozent geschätzt [1]. Der Pathomechanismus hinter der Langzeitmanifestation bleibt wenig verstanden und die Meinungen zu Ätiologie und Therapieansätzen sind kontrovers [1, 2]. Trotzdem ist die tägliche Praxis mit einem neuartigen Patientenkollektiv und einem vielseitigen Symptomkomplex konfrontiert. Das hier präsentierte Fallbeispiel zeigt einen im Grundzustand sportlichen Patienten ohne Vorerkrankungen mit relevantem Leistungseinbruch und Störungen der allgemeinen Befindlichkeit als Folge einer COVID-19-Infektion.

Die aktuellen Leitlinien erwähnen keine Symptomkonstellation, die das Krankheitsbild „Long-COVID-Syndrom“ definiert. Zu den häufigsten Beschwerden gehören Fatigue, Dyspnoe, Palpitationen, Tachykardie, pectanginöse Beschwerden, Geruchs- und Geschmacksverlust, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen [1, 3, 4]. Charakterisiert wird ein Long-COVID-Syndrom durch Beschwerden die während oder kurz nach der Primärinfektion auftreten und mindestens vier Wochen fortbestehen – bei einer Persistenz von mehr als drei Monaten spricht man auch von einem Post-COVID-Syndrom [5]. Bei dem sehr komplexen Beschwerdebild gehören Palpitationen und Tachykardien zu den häufigsten kardiovaskulären Langzeitfolgen der Infektion [6]. Zentral ist, vor der Diagnosestellung eines Post-COVID-Syndroms mögliche Differenzialdiagnosen zu bedenken und diese diagnostisch auszuschließen.

Bei dem hier präsentierten Fallbeispiel traten die Beschwerden seit der Infektion auf und waren bereits seit etwa einem Jahr persistent. Die im Vorfeld durchgeführte apparative Diag­nostik ergab keinen wegweisenden Befund, sodass die Beschwerden am ehesten im Sinne eines Post-COVID-Syndroms zu werten waren. Der Patient war von den Beschwerden, trotz des Fehlens relevanter technischer Befunde, belastet und berichtete bereits über psychische Krankheitsmanifestationen wie Schlaf-, Konzentrationsstörungen und eine reduzierte emotionale Stimmungslage.

Da die muskuläre und kardiopulmonale Dekonditionierung bei persistierenden Beschwerden nach COVID zumindest mitursächlich ist, scheint der sportbasierte Behandlungsansatz sich auf eine Vielzahl der Beschwerden positiv auszuwirken [7]. Dementsprechend findet sich die Empfehlung zur Durchführung eines langsam ansteigenden körperlichen Ausdauertrainings auch in den S1-Leitlinien zur Behandlung des Post-COVID-Syndroms [5]. Für ein individualisiertes Therapiekonzept und die Sicherstellung der Einhaltung eines moderaten Ausdauertrainings wurde dem Patienten ein Trainingsplan entsprechend den Ergebnissen der Spiroergometrie entworfen. In der Verlaufskontrolle nach drei Monaten berichtete der Patient bereits subjektive Beschwerdefreiheit. Neben der Steigerung der körperlichen Kondition konnte eine Verbesserung der allgemeinen gesundheitsbezogenen Lebensqualität erreicht werden.

Als Fazit aus der Fallbeschreibung ist die Behandlung eines Post-COVID-Syndroms – auch bei zum Teil fehlender diagnostischer Objektivierbarkeit der Beschwerden – zentral, da die Symptome zum Teil ein hohes Morbiditätspotenzial haben und zu weitreichenden Einschränkungen des Allgemeinbefindens, der Lebensqualität und Alltagsfunktion führen können. Bei langwierigen Krankheits­verläufen drohen berufliche Einschränkungen sowie eine Belastung des Gesundheitssystems, wodurch Post-COVID neben der individuellen Belastung des Patienten auch eine große Public-Health-Relevanz zukommt [5, 8].

Sport bietet einen nicht invasiven Therapie­ansatz. Dabei ist es zentral, nach Ausschluss von Kontraindikationen aufgrund von fortbestehender COVID-19-assoziierter Morbidität, zunächst auf eine moderate Trainingsintensität zu achten. Da diese gerade bei eingeschränktem Gesundheitszustand schwer festzulegen ist und unter Umständen weit unter dem gewohnten Leistungsniveau der Patienten liegt, sollte die Erstellung der therapeutischen Trainingspläne mittels Leistungsdiagnostik durch einen Sportmediziner erfolgen.

Fallbeispiel 2: Bedeutung der dorsalen Tibianeigung (Slope) für die Reruptur des vorderen Kreuzbandes

Eine 42 Jahre alte Personaltrainerin stellte sich mit einer Instabilität des rechten Kniegelenks vor. Durch die Instabilität des Kniegelenks war sie in ihrem Beruf als auch in ihrem ambitionierten Freizeitsport erheblich eingeschränkt.

Bei einem Sturz beim Skifahren 2013 erlitt sie eine vordere Kreuzbandruptur, welche mittels einer vorderen Kreuzbandplastik mit Semitendinosussehne versorgt wurde. Bei einem erneuten Sturz beim Skifahren 2017 kam es zu einer Reruptur, welche mit der Semitendinosussehne des kontralateralen Kniegelenks und einer zusätzlichen extraartikulären Kniegelenkstabilisierung nach Lemaire (Rekonstruktion des anterolateralen Ligamentes zur Erhöhung der Rotationsstabilität) versorgt wurde. Trotz dieser zusätzlichen Maßnahme kam es bei der Patientin bei ihrer hohen sportlichen Beanspruchung des Kniegelenks im September 2019 zu einem erneuten Instabilitätsgefühl, welches zunächst durch konservative Maßnahmen mittels Muskelaufbau adressiert wurde. Während eines Ausfallschritts beim Sport kam es zu einem plötzlich einschießenden Schmerz. Es bestand ­eine Instabilität, welche eine sportliche Betätigung, auch im Beruf als Personaltrainerin, ausschloss.

Bei der körperlichen Untersuchung zeigte sich eine leicht varische Beinachse, gut ausgebildete Muskulatur, zweifach positive vordere Schublade (in 90°-Beugung) und Lachman-Test (vordere Schublade in 20 bis 30°-Beugung) sowie ein einfach positiver Pivot-Shift-Test (Überprüfung der Rotationsstabilität: durch Valgusstress, Innenrotation Unterschenkel und Flexion kommt es bei gerissenem Kreuzband zur Subluxation des Unterschenkels) bei sonst unauffälligem Befund.

Die MRT-Bildgebung zeigte eine erneute Reruptur des vorderen Kreuzbandtransplantates sowie eine Substanzminderung des Innenmeniskus­hinterhorns mit Verdacht auf horizontale Ruptur sowie eine beginnende Knorpelschädigung am medialen Tibiaplateau. Zusätzlich zeigte sich bei der Patientin in der seitlichen Röntgenaufnahme ein tibialer Slope (Neigung des Tibiaplateaus nach dorsal) von 16° (siehe Abbildung 3). Werte zwischen 7 und 13° gelten hier als normal. Neuere biomechanische Studien zeigen aber, dass ein erhöhter Slope zu einer vermehrten anterioren Translation der Tibia führt. Auch wurde festgestellt, dass sich in der Gruppe der Patienten mit Versagen einer vorderen Kreuzbandplastik überproportional viele Fälle mit erhöhtem Slope zeigen. Damit muss ein erhöhter Slope als Risiko­faktor für eine erneute Reruptur des vorderen Kreuzbandes auch nach korrekt erfolgter vorderer Kreuzbandplastik angesehen werden [9].

Abbildung 3: Kniegelenk in zwei Ebenen und Beinachsenaufnahme. Zustand nach zweimaliger vorderer Kreuzbandruptur. Femoral zeigen sich die Fixationsknöpfe der Bandbefestigung. Vermehrter tibialer Slope in der seitlichen Aufnahme erkennbar.

Zusätzlich bestand bei der Patientin eine varische Beinachse von 4° (siehe Abbildung 4) mit beginnenden Knorpelschäden am medialen Gelenkspalt und partiellem Verlust des Innenmeniskus. Die Instabilität des Kniegelenkes bei varischer Beinachse bedingt ein Risiko für die vorzeitige Entwicklung einer Arthrose. Daher bestand bei der Patientin bei varischer Beinachse, Schädigung des Innenmeniskus und bereits beginnender Knorpelschädigung im medialen Kniegelenk die Indikation zu einer zusätzlichen Korrektur der Beinachse zur Entlastung des bereits geschädigten medialen Kompartiments.


Abbildung 4: Beinachsenaufnahme. Es zeigt sich
eine leichte Varusfehlstellung von 4°.

Es wurden daher in einer ersten Operation die Reste des vorderen Kreuzbandtransplantates entfernt und der tibiale und femorale Bohrkanal mit allogener Spongiosa aufgefüllt. Zusätzlich erfolgte eine hohe tibiale Umstellungsosteotomie mit Reduktion des Varus um 4° auf eine gerade Beinachse und Korrektur des Slope auf ca. 9° (siehe Abbildung 5). Der Riss am Innenmeniskushinterhorn wurde zusätzlich arthroskopisch genäht.


Abbildung 5: Röntgen Kniegelenk in zwei Ebenen nach Auffüllung Bohrkanäle und hoher tibialerUmstellungsosteotomie mit
Korrektur Varus und Slope.

Nach Einwachsen des Knochens in den alten Bohrkanal erfolgte sechs Monate später die Entfernung der tibialen Platte und die arthro­skopisch gestützte vordere Kreuzbandplastik mittels eines allogenen (körperfremden) Semitendinosustransplantates (siehe Abbildung 6).


Abbildung 6: Röntgen Kniegelenk in zwei Ebenen nach Metallentfernung und erneuter vorderer Kreuzbandplastik.

Bei der Vorstellung zur Kontrolle ein halbes Jahr postoperativ war die Patientin beschwerdefrei. Das Kniegelenk war vollständig frei beweglich. Die Muskulatur war erneut gut ausgebildet. Das Kniegelenk war bezüglich anterior-posteriorer Richtung und Rotation vollständig stabil. Die Patientin hat ihren Sport wiederaufgenommen.

Verletzungen des vorderen Kreuzbandes stellen eine häufige Verletzung bei Sportlern dar. Entsprechend der Literatur erleiden ca. drei Prozent der Amateursportler und ca. 15 Prozent der Profisportler eine vordere Kreuzbandruptur. Fünf Prozent der Profisportler erleiden eine erneute Ruptur, bei Risikosportarten sogar 34 Prozent [10].

Die Kniegelenksdistorsion mit vorderer Kreuzbandverletzung führt häufig zu einer komplexen Schädigung des Kniegelenks bei dem nicht nur isoliert das vordere Kreuzband geschädigt ist, sondern auch teilweise das anterolaterale Ligament. Diese Kombination führt zu einer vermehrten Rotationsinstabilität. Häufiger kommt es bei diesen Verletzungen auch zur Schädigung des Meniskushinterhorns, teilweise der Meniskuswurzel, das heißt der knöchernen Fixierung des Meniskus im Hinterhornbereich an der Tibia. Ein vermehrter tibialer Slope stellt ein erhöhtes Risiko für eine vordere Kreuzbandruptur dar, weshalb spätestens bei einer erneuten Reruptur diskutiert werden muss, ob dieser negative Einflussfaktor auch mit adressiert werden muss, um das Risiko eines weiteren Versagens zu senken. Allerdings führt die zusätzliche hohe tibiale Osteotomie zur Korrektur des Slope zu einer Verlängerung der Rekonvaleszenz, was problematisch für den Berufs- und Spitzensportler ist.

Fazit

Ein erhöhter Slope scheint einen Risikofaktor für eine erneute Kreuzbandruptur nach korrekter Primärversorgung zu sein. Insofern sollte im Fall einer Reruptur des vorderen Kreuzbandes der Slope bestimmt und bei erhöhten Werten eine Korrektur zur Verhinderung weiterer Rupturen diskutiert werden.

Fallbeispiel 3: Relevanz der Meniskuswurzelverletzung für das Knie

Eine 51-jährige Patientin stellte sich mit medialen Knieschmerzen ohne Trauma vor. Bei der klinischen Untersuchung zeigten sich fraglich positive Meniskuszeichen bei geringgradig varischer Beinachse. In der MRT-Untersuchung zeigte sich ein großer Knorpelschaden der medialen Femurkondyle. Zudem bestand eine Verletzung der ­Innenmeniskuswurzel. In der MRT-Voruntersuchung drei Monate zuvor war bereits die Verletzung der Meniskuswurzel feststellbar, der Gelenkknorpel war zu diesem Zeitpunkt aber noch intakt. Das heißt, die Verletzung der Meniskuswurzel hat in Verbindung mit der varischen Beinachse zu einer schnellen Schädigung der Gelenkfläche innerhalb von nur drei Monaten geführt (siehe Abbildung 7).


Abbildung 7: MRT rechtes Knie mit Verletzung der medialen Meniskuswurzel (Kreis).

Von einer Verletzung der Meniskuswurzel, sogenannte „root tear“, spricht man bei einer Avul­sionsverletzung des Meniskushinterhorns nahe der tibialen Insertion. Bei Verletzung der Meniskuswurzel kommt es zu einer Extrusion des ­Meniskus nach außen wodurch der Meniskus seine Funktion verliert mit resultierender Schädigung des Knorpels [11]. Durch die Extrusion des Meniskus wird die Kontaktfläche deutlich verringert und der Druck auf die Gelenkfläche steigt, was eine Arthrose oder Osteonekrose zur Folge haben kann [12]. Diese Belastung ist vor allem medial vergleichbar mit einem kompletten Verlust des Meniskus. Am Außenmeniskus wird die durch die Verletzung der Meniskuswurzel auftretende Extrusion durch das meniskofemorale Ligament verringert, welches jedoch zusätzlich verletzt sein kann [11].

Mediale Wurzelverletzungen treten vor allem bei weiblichen Patienten über 50 Jahre auf. Häufig ist das Auftreten einer medialen Meniskuswurzelverletzung assoziiert mit Adipositas, einer varischen Beinachse und bereits bestehenden arthrotischen Veränderungen [13, 14]. Die varische Beinachse kann somit ursächlich für die einsetzende Arthrose sein und erhöht mit der Meniskusextrusion die Arthroseentstehung [15]. Laterale Meniskuswurzelverletzungen hingegen werden typischerweise bei jüngeren Sportlern in Kombination mit einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes beobachtet [16], da der Außen­meniskus beim Unfall über das laterale Tibiaplateau luxiert und dabei hohe Belastungen auf die Meniskuswurzel erzeugt [12].

Die Patienten klagen meist über Schmerzen im Bereich des dorsalen Teils des Gelenkspaltes und Gelenkergüsse. Diese treten meist intermittierend auf und können durch sportliche Betätigung verstärkt werden. Bei der lateralen Meniskuswurzel­verletzung steht meistens die Verletzung des vorderen Kreuzbandes im Vordergrund, was die klinische Diagnose einer lateralen Wurzelverletzung erschwert.

Anhand einer MRT-Untersuchung kann eine ­Verletzung der Meniskuswurzel mit hoher Sensitivität und Spezifität vor allem medial festgestellt werden [17]. Dabei kann ein sogenanntes „ghost sign“ beobachtet werden. Coronar kann eine vertikale Defektlinie festgestellt werden – das sogenannte „truncation sign“ (siehe Abbildung 7). Jedoch weist der Restmeniskus häufig keine Verletzungen auf, was zu einer Fehldiagnose führen kann. Daher muss bei klinischem Verdacht insbesondere auf die Meniskuswurzelverletzung geachtet werden.

Prinzipiell können Meniskusverletzungen sowohl konservativ als auch operativ mit einer Teilresektion sowie durch eine Refixation der Meniskuswurzel behandelt werden. Da insbesondere die Verletzungen der medialen Meniskuswurzel mit einer frühzeitigen Arthroseentstehung assoziiert sind und die Heilungschancen im Bereich der Meniskuswurzel höher sind als in den übrigen Meniskusanteilen [19] sollte eine Refixation erwogen werden [12, 14, 20].

Die Refixation erfolgt durch transossäre Nähte. Dabei wird die Meniskuswurzel mit einem reißfesten Faden armiert, und mit einem arthroskopischen Zielgerät erfolgt die Anlage eines transossären Bohrkanals, der im Bereich der Meniskuswurzel in das Gelenk tritt. Mithilfe einer Fadenschlaufe werden anschließend die Armierungsfäden der Meniskuswurzel über das Bohrloch an der proximalen Tibia ausgeleitet und dort beispielsweise mit einem Fadenanker befestigt (siehe Abbildung 8).


Abbildung 8: Die Refixation der Meniskuswurzel erfolgt transossär mit einem Armierungsfaden (hellblau), durch die die Meniskuswurzel reinseriert wird.Die Armierungsfäden werden mithilfe einer Fadenschlaufe (dunkelblau) durch ein Bohrloch geleitet und anschließend an der proximalen Tibia fixiert.

Durch die Refixation der Innenmeniskuswurzel kann die Ringspannung des Meniskus wiederhergestellt werden und der Druck auf die Gelenkfläche gleichmäßiger verteilt werden. In einem systematischen Review konnte gezeigt werden, dass die klinischen Ergebnisse einer Refixation der Teilresektion überlegen sind [20]. Zudem kann durch die Refixation der Meniskuswurzel die Arthroseprogression verlangsamt werden [21].

Fazit

Die Stabilität und die Funktion der Menisken sind entscheidend für die Prävention einer Arthrose. Eine rechtzeitige Diagnose und Rekonstruktion der verletzten Strukturen ist für den Erhalt der Sportfähigkeit entscheidend, auch wenn hierdurch zunächst Ausfallzeiten generiert werden.

Die Autoren erklären, dass sie keine ­finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten haben, deren Interessen vom Manuskript positiv oder negativ betroffen sein könnten.

Das Literaturverzeichnis kann im Internet unter www.bayerisches-aerzteblatt.de (Aktuelles Heft) abgerufen werden.

Das Wichtigste in Kürze

•    Post-Covid ist ein komplexes Beschwerdebild; Palpitationen, Tachykardie und pectanginöse Beschwerden gehören zu den häufigsten kardiovaskulären Symptomen.

•    Vor Diagnosestellung eines Post-COVID-Syndroms müssen alle Differenzialdiagnosen bedacht und sicher ausgeschlossen werden.

•    Ein moderates Ausdauertraining ist Teil der grundlegenden Therapie beim Post-Covid-Syndrom.

•    Durch das sportbasierte Therapiekonzept konnte auch eine Zustandsbesserung bei Patienten erreicht werden, deren Symptome nach einem Post-Covid-Syndrom zunächst diagnostisch nicht     objektiviert werden konnten.

•    Es ist wichtig auf eine moderate Trainingsintensität zu achten. Da das aktuelle Leistungsniveau im Rahmen der Erkrankung häufig stark reduziert ist, sollte ein individueller Trainingsplan auf      Grundlage einer spiroergometrischen Leistungsdiagnostik erfolgen. Es sollten außerdem regelmäßige Verlaufskontrollen erfolgen.

•    Für die Stabilität des Kniegelenkes ist neben dem Bandapparat auch der Gelenkschluss über die Form der Menisken und die geometrische Konfiguration der Gelenkpartnerrelevant.

•    Im Falle einer wiederholten Kreuzbandruptur muss daher auch der Slope (Neigung des Tibiaplateaus nach dorsal) überprüft werden und bei einer vermehrten Neigung eine Korrektur zur Senkung      des Rerupturrisikos nach einer erneuten Kreuzbandplastik erfolgen.

•    Auch sollten Meniskusverletzungen versorgt werden, da sie das Arthroserisiko erhöhen. Speziell die Meniskuswurzelläsion (Verankerung des Meniskus am tibialen Knochen) bedingt auch bei sonst    erhaltener Meniskusstruktur einen vollständigen Funktionsverlust. Daher sollte diese Pathologie rekonstruktiv adressiert werden.

Autoren


Professor Dr. Stefan Brunner 1


Privatdozent Dr. Korbinian Lackermair 1


Jenny Schlichtiger, M. Sc. 1


Professor Dr. Peter Müller 2


Professor Dr. Thomas Niethammer 2


1 Sportkardiologie
2 Sportorthopädie

Korrespondenzadresse:
Jenny Schlichtinger, M. Sc., Medizinische Klinik und Poliklinik I, Ziemssenstraße 5, 80336 München




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