Nun ist sie da! Ein Überblick über die neue Weiterbildungsordnung
Der 80. Bayerische Ärztetag hat am 16. Oktober 2021 der Novelle der Weiterbildungsordnung zugestimmt. Nach Beschluss der (Muster-)Weiterbildungsordnung (M-WBO) auf dem Deutschen Ärztetag 2018 in Erfurt, dem eine jahrelange Gremienarbeit auf Bundesebene unter Beteiligung von Fachgesellschaften und Berufsverbänden vorausgegangen war, folgte eine intensive Befassung des temporären Ausschusses der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) zur Umsetzung der Weiterbildungsordnung (WBO). Mit wenigen Änderungen zur M-WBO wurde die „Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns vom 16. Oktober 2021“ dem Bayerischen Ärztetag vorgelegt und von diesem mit nur einer Gegenstimme und drei Enthaltungen beschlossen. Am 1. August 2022 wird sie nun nach vorheriger Genehmigung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege in Kraft treten.
Die Novelle der WBO erhebt für sich nicht nur den Anspruch, durch die Einführung einer weiteren Facharztbezeichnung und acht völlig neuen Zusatzweiterbildungen sowie durch die Aktualisierung der Weiterbildungsinhalte den aktuellen medizinischen Wissensstand und die Versorgungsrealität abzubilden, sie steht auch für mehr Flexibilität, Transparenz und Qualität in der Weiterbildung.
Kompetenzbasierte und flexiblere Weiterbildung
Von zentraler Bedeutung in der Novelle ist der Kompetenzerwerb. Die Summe aller in einer Facharztweiterbildung nachzuweisenden Einzelkompetenzen (Weiterbildungsinhalte) ergibt die Facharztkompetenz.
Zwar wird auf Weiterbildungszeiten nicht zuletzt wegen der gebotenen Planungssicherheit für Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung, aber auch vor dem Hintergrund europarechtlicher Bestimmungen, nicht völlig verzichtet. In den meisten Gebieten fehlt nun – abgesehen von einigen Ausnahmen, wie zum Beispiel Abschnitte in Intensivmedizin oder Notfallaufnahme – eine Vorgabe hinsichtlich stationärer und ambulanter Weiterbildungsabschnitte. Diese ergeben sich aus den Weiterbildungsinhalten, die auch maßgeblich der Erteilung der Weiterbildungsbefugnis zugrunde gelegt werden.
Neben der Möglichkeit, in sehr vielen Gebieten zum Kompetenzerwerb ein „Fremdjahr“ in anderen Gebieten anrechenbar zu absolvieren, können auch Weiterbildungsabschnitte von mindestens drei Monaten regulär anerkannt werden, was zu einer Flexibilisierung des individuellen Weiterbildungsgangs beiträgt.
Schwerpunkt- und Zusatzweiterbildungen können nicht mehr zu einem Teil während der Gebietsweiterbildung abgeleistet werden. Im Gegenzug verkürzen sich die Mindestweiterbildungszeiten bei den Schwerpunkten um die versenkbare Zeit und auch die Zusatzweiterbildungen wurden häufig entsprechend zeitlich angepasst. Um einen berufsbegleitenden und flexibleren Erwerb einer Zusatzbezeichnung zu ermöglichen, können in einigen Zusatzweiterbildungen dort geforderte Weiterbildungszeiten zukünftig durch die entsprechenden Stunden ersetzt werden. Diese können in Abhängigkeit von der persönlichen Situation individuell geplant und abgeleistet werden.
Viele Weiterbildungsinhalte, beispielsweise Elektrokardiogramm, Langzeit-EKG oder Ergometrie im Gebiet Allgemeinmedizin, werden nicht mehr mit Richtzahlen hinterlegt oder sind – anders als bei den bisherigen Weiterbildungsordnungen – als Bestandteil der Weiterbildungsordnung direkt in dieser zu finden. Als weitere Orientierungshilfe sollen die auf Bundesebene erarbeiteten Fachlich empfohlenen Weiterbildungspläne (FEWP) dienen, die Weiterbildungsinhalte zusätzlich präzisieren.
Die Gebiete der unmittelbaren Patientenversorgung werden erweitert (Tabelle 1).
Tabelle 1: Die Gebiete der unmittelbaren Patientenversorgung werden erweitert
Transparente Befugnisinhalte
Zukünftig bestimmen die an der Weiterbildungsstätte vermittelbaren Weiterbildungsinhalte den zeitlichen und inhaltlichen Umfang der Weiterbildungsbefugnis noch stärker als bisher. Konsequenterweise müssen daher Neuanträge auf Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis und bestehende Weiterbildungsbefugnisse auf Antrag auf der Rechtsgrundlage der Novelle nach den neu erarbeiteten Kriterien beurteilt und erteilt werden. Dies stellt eine enorme Herausforderung für die BLÄK, angesichts der ca. 16.000 bestehenden Befugnisse, dar! Die an Weiterbildungsstätten von Befugten vermittelbaren Weiterbildungsinhalte der neuen Weiterbildungsordnung werden dann transparent für Ärzte im Internetportal der BLÄK „Meine BLÄK-Portal“ veröffentlicht.
eLogbuch
Einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Qualität der Weiterbildung soll das elektronische Logbuch leisten, in dem fortlaufend von den Ärzten in Weiterbildung der Kompetenzzuwachs dokumentiert und von den befugten Weiterbilderinnen und Weiterbildern überprüft und entsprechend bestätigt wird. Die kontinuierliche Dokumentation durch die Weiterzubildenden und eine möglichst zeitnahe (zumindest jährliche) Bestätigung durch die Weiterbilder soll beiden Seiten eine bessere Beurteilung des individuellen Weiterbildungsstandes als Grundlage für das mindestens jährlich durchzuführende Weiterbildungsgespräch ermöglichen.
Die Anmeldung zum elektronischen Logbuch erfolgt über das „Meine BLÄK-Portal“ der BLÄK für Weiterzubildende und für Weiterbilder. Eine ausführliche Anleitung mit den einzelnen Schritten wird auf der Website der BLÄK eingestellt. Gleichwohl kann auf die Ausstellung eines qualifizierten Weiterbildungszeugnisses auch weiterhin nicht verzichtet werden.
Änderungen bei Bezeichnungen
Neu in die WBO eingeführt wurden:
• Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie
• Zusatzweiterbildungen: Immunologie, Kardiale Magnetresonztomographie, Nuklearmedizinische Diagnostik für Radiologen, Röntgendiagnostik für Nuklearmediziner,
Sexualmedizin, Spezielle Kardiologie für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH), Spezielle Kinder- und Jugend-Urologie, Transplantationsmedizin
Weggefallen sind die bisherigen Zusatzbezeichnungen:
• Homöopathie, Labordiagnostik (fachgebunden), Röntgendiagnostik (fachgebunden).
Teilweise wurden die entsprechenden Inhalte in Gebiete reintegriert. Bezeichnungsinhaberinnen und -inhaber dürfen die Qualifikationen jedoch weiterführen.
Erneut aufgeteilt wurde die Zusatzbezeichnung:
Physikalische Therapie und Balneologie in die Zusatzbezeichnungen Balneologie und Medizinische Klimatologie sowie Physikalische Therapie.
Die Bezeichnung der Qualifikation wurde geändert:
• Facharzt für Kinder- und Jugendchirurgie statt Facharzt für Kinderchirurgie
• Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Medizin statt Facharzt für Plastische und Ästhetische Medizin
• Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie statt Facharzt für Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen
• Schwerpunkt Kinder- und Jugendradiologie statt Kinderradiologie im Gebiet Radiologie
• Zusatzweiterbildung Dermatopathologie statt Dermatohistologie
• Zusatzweiterbildung Magnetresonanztomographie ohne den Zusatz fachgebunden
• Zusatzweiterbildung Manuelle Medizin ohne den Zusatz Chirotherapie
• Zusatzweiterbildung Plastische und Ästhetische Operationen statt Plastische Operationen
• Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Gastroenterologie statt Kinder-Gastroenterologie
• Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Orthopädie statt Kinder-Orthopädie
• Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie statt Kinder-Rheumatologie
Änderung der Bezeichnung und Zuordnung von Schwerpunkt zu Zusatzweiterbildung:
• Schwerpunkt Kinderendokrinologie und Diabetologie -> Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Endokrinologie und -Diabetologie
• Schwerpunkt Kinder-Nephrologie -> Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Nephrologie
• Schwerpunkt Kinder-Pneumologie -> Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Pneumologie
Wer zur Führung der bisherigen Bezeichnung berechtigt war, kann alternativ auch die geänderte Bezeichnung führen, ohne dass hierfür eine Urkunde ausgestellt wird.
Die Zusatzbezeichnung Krankenhaushygiene wurde nicht eingeführt. Hintergrund waren die im Vergleich zur curriculären Fortbildung geringeren Anforderungen in der (Muster-)Weiterbildungsordnung.
Wesentliche strukturelle Änderungen
Die Einzelkompetenzen sind nach den Erfordernissen des jeweiligen Gebietes thematisch in Blöcken zusammengefasst (zum Beispiel
diagnostische Verfahren, therapeutische Verfahren, Notfall- und Intensivmedizin, etc.). Dies gilt auch für Schwerpunkt- und Zusatzweiterbildungen.
Statt der bisherigen Beschreibung der geforderten Weiterbildungsinhalte in Form von „Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten“, die eine Differenzierung der erwarteten Eindringtiefe mitunter schwierig gestaltete, wird nun zwischen den Weiterbildungsmodi „Kognitive- und Methodenkompetenz (Kenntnisse)“ einerseits und „Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)“ andererseits unterschieden. Die Zuordnung des einzelnen Weiterbildungsinhaltes zu einem Modus stellt klar, welcher Inhalt die jeweils höchste Kompetenzstufe „systematisch einordnen und erklären“ als Kognitive- und Methodenkompetenz und welcher die „selbstverantwortliche Durchführung“ als Handlungskompetenz für die Zulassung zur Prüfung erreichen muss. Im eLogbuch wird dies dokumentiert (Abbildung 1).
Übergangsbestimmungen
Wie auch in früheren WBO gibt es im Paragrafenteil (Abschnitt A) bzw. unter den jeweiligen Bezeichnungen in den Abschnitten B und C Übergangsbestimmungen zum Erwerb einer neuen oder zur Führbarkeit einer auch bisher schon bestehenden Qualifikation. Wenn vor Inkrafttreten der Novelle mit der Weiterbildung in einem Gebiet, Schwerpunkt oder einer Zusatzbezeichnung in Bayern begonnen wurde, kann die Weiterbildung unter Einhaltung der festgelegten Fristen (bei Gebieten sieben Jahre, bei Schwerpunkten und Zusatzbezeichnungen drei Jahre nach Inkrafttreten der Novelle) noch nach der bisherigen WBO abgeschlossen werden. Wer die Weiterbildung nach dem 31.7.2022 in Bayern beginnt, kann die bisherige WBO nicht mehr in Anspruch nehmen
Die vollständige WBO mit allen Weiterbildungsinhalten ist nach Inkrafttreten am 1. August 2022 unter dem Link www.blaek.de/arzt-und-recht/rechtliche-grundlagen Weiterbildungsordnung auf der Homepage der BLÄK abrufbar.
QR-Code: Ihr Weg zur neuen Weiterbildungsordnung
Ihre Ansprechpartner
Weiterbildung – Gebiete, Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen
Telefon: 089 4147-132
Fax: 089 4147-311
E-Mail: anerkennungen(at)blaek.de
Weiterbildung Zusatzbezeichnungen
Telefon: 089 4147-134
Fax: 089 4147-280
E-Mail: zusatzbezeichnungen(at)blaek.de
Nach der Zulassung zur Prüfung können Sie sich mit Ihren Fragen jederzeit direkt an die Prüfungsabteilung wenden:
Telefon: 089 4147–137
Fax: 089 4147-712
E-Mail: pruefungen(at)blaek.de
Weiterbildung – Befugnisse
Telefon: 089 4147-138
Fax: 089 4147-729
E-Mail: befugnisse(at)blaek.de
Autorin: Dr. Judith Niedermaier (BLÄK)
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