Podiumsdiskussion in Berchtesgaden zum Notarztdienst

Dr. Gerhard Schwarzmann, Dr. Gerald Quitterer und Dr. Christian Pfeiffer während der Podiumsdiskussion in Berchtesgaden (v. li.).

Wie kann der Notarztdienst attraktiver gestaltet werden? Und werden spezialisierte Notfallsanitäterinnen und ­-sanitäter die Notärztinnen und -ärzte langfristig ersetzen? Darüber debattierte Dr. Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), Anfang Oktober mit zahlreichen anderen Experten aus der Gesundheitspolitik bei der 40. Fortbildungs-tagung der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Notärztinnen und Notärzte e. V. (agbn) in Berchtesgaden. Mit Quitterer nahmen an der Podiumsdiskussion Dr. Christian Pfeiffer, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), Gökan Katipoglu, Leiter Notdienste der KVB, Ministerialrat Johannes Gruber vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, Dr. Michael Bayeff-Filloff, Ärztlicher Landesbeauftragter Rettungsdienst, Josef Pemmerl, Leiter Rettungsdienst Bayern, Dr. Gerhard Schwarzmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der agbn, und Dr. Christian Markus, Regionaler Notarztsprecher Unterfranken, teil.

Heiß diskutiert wurde der aktuelle Vorschlag der Regierungskommission für eine moderne Krankenhausversorgung, besonders qualifizierte Notfallsanitäter mit eigener Heilkundebefugnis auszustatten. Diese sogenannten „Advanced Paramedic Practitioners“ nach US-amerikanischem Vorbild sollen nach Vorstellung der Kommission ein Studium auf Bachelor- bzw. Master-Niveau durchlaufen und den jetzigen Notarztdienst mittelfristig ersetzen. Ein Vorschlag, der insbesondere von Quitterer, Pfeiffer und Schwarzmann nachdrücklich kritisiert wurde. Um für eine ausreichende Besetzung des Notarztdiensts zu sorgen, brauche es weniger eine Heilkundeübertragung an speziell qualifizierte Notfallsanitäter, sondern vielmehr bessere Rahmen- und Arbeitsbedingungen für die Notärzte. Bei der guten Zusammenarbeit der Gesundheitsfachberufe dürfe auch nicht vergessen werden, dass Notfallsanitäter nicht über dasselbe medizinische Wissen verfügten wie ein Arzt, der in einem wissenschaftlichen Studium ausgebildet und in einem breiten Spektrum von Gebieten und Zusatzbezeichnungen weitergebildet wurde. Ob die Einführung einer Weiterbildung zum Facharzt/zur Fachärztin für Notfallmedizin zu einer besseren Besetzung von Notarztstandorten führen könnte, sorgte ebenfalls für Gesprächsstoff. Dieser Idee stand Bayerns Ärztekammerpräsident eher skeptisch gegenüber. „Wo sollen die vielen zusätzlichen Weiterbilder für den Facharzt für Notfallmedizin herkommen? Außerdem hat die BLÄK im Tätigkeitszeitraum 2022/2023 bereits die stattliche Zahl von 366 Zusatzbezeichnungen im Bereich Notfallmedizin anerkannt. Dies ist eigentlich ausreichend, um flächendeckend eine qualitativ hochwertige notfallmedizinische Versorgung anzubieten“, so Quitterer. Das Problem sei weniger ein Mangel an Ärzten mit notfallmedizinischer Weiterbildung, sondern vielmehr eine zu geringe Attraktivität des Notarztdiensts.

Notarzthonorar steigt bis 2025 um 25 Prozent

Sehr positiv nahmen die Diskussionsteilnehmer deshalb Pfeiffers Ankündigung einer Einigung der KVB mit den Sozialversicherungsträgern zur Notarztvergütung in Bayern auf. Über die nächsten zwei Jahre werde das Honorar der Notärzte um insgesamt 25 Prozent ansteigen. Allerdings bleibe das Notarzthonorar in Bayern auch nach der Einigung noch hinter den Vergütungen in einigen anderen Bundesländern zurück.  

Immer wieder wird der Zustand notärztlicher Aufenthaltsräume kritisiert – so auch während der Debatte. Die KVB gehe Informationen über die mangelhafte Ausstattung von Notarzträumen konsequent nach und miete gegebenfalls neue Räumlichkeiten an, erklärte Katipoglu dazu. Es brauche aber entsprechende Meldungen an die KVB. Daneben kritisierten mehrere Diskussionsteilnehmende die nächtliche Präsenzpflicht von Notärzten in der Rettungswache. Wenn es mehr Möglichkeiten gäbe, Einsätze von zu Hause aus zu starten, würde sich eine größere Zahl von Ärzten zum Notarztdienst bereit erklären. Gruber verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass es bereits entsprechende Ausnahmeregeln gebe, die auch rege in Anspruch genommen würden.
Ebenso wurde über das Projekt „Telenotarzt Bayern“ und über Möglichkeiten zur Entlastung des Rettungsdiensts durch eine verbesserte Patientensteuerung debattiert.

Florian Wagle (BLÄK)


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