„Roter Faden ist immer der kollegiale Kontakt“
Interview mit Silke Bethge und Dr. Wolfgang Schaaf von der Ombudsstelle für Weiterbildungsfragen
Im September wurde Silke Bethge, Fachärztin für Allgemeinmedizin aus Siegsdorf, vom Vorstand der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) zur neuen Ombudsfrau für Weiterbildungsfragen bestellt. Ein Jahr zuvor nahm Dr. Wolfgang Schaaf, Facharzt für Anästhesiologie aus Straubing, seine Tätigkeit als Ombudsmann auf. Die beiden Ombutsleute folgen auf Dr. Christiane Eversmannn und Professor Dr. Peter Wünsch, die vormals diese Ämter innehatten (vgl. Tätigkeitsbericht 2023/2024 der BLÄK, Seite 99).
Die Ombudsstelle wurde 2012 von der BLÄK eingerichtet und dient als Anlaufstelle für alle in Bayern tätigen Ärztinnen und Ärzte, die sich von Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Weiterbildung betroffen sehen. Doch was sind eigentlich die aktuellen Herausforderungen der Ombudsstelle? Welche Probleme treten häufig während der Weiterbildung auf? Und welche Lösungen kann die Ombudsstelle Weiterzubildenden und Weiterbildungsbefugten gegebenenfalls anbieten? Diese Fragen beantworten Schaaf und Bethge im Interview mit dem Bayerischen Ärzteblatt.
Frau Bethge, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Bestellung zur Ombudsfrau für Weiterbildungsfragen. Was hat Sie dazu bewogen, sich für dieses Amt zur Verfügung zu stellen? Und wie haben Sie die ersten Wochen in Ihrer neuen Rolle erlebt?
Bethge: Vielen Dank! Meine liebe Kollegin wusste um die vakante Stelle und hat mich einfach motiviert. „Ich könnte mir vorstellen, dass du die Richtige dafür bist“, hat sie gesagt. Es gab schon einige Anfragen. Ich bin im niedergelassenen Bereich tätig und ergänze damit dieses Spektrum mit eigenen Erfahrungen.
Was sind die wichtigsten Aufgaben der Ombudsstelle?
Bethge: Ich bin gespannt, was auf mich und uns zukommt und wie es sein wird, mich jetzt direkt mit „Kammerthemen“ zu beschäftigen. Ich denke, es geht um kollegiale Unterstützung, Beratung, vielleicht Vermittlungen und möglichst die Klärung von eventuellen Missverständnissen.
Herr Dr. Schaaf, Sie sind seit 2023 Ombudsmann. Mit welcher Art von Fehlverhalten können Weiterzubildende und Weiterbildungsbefugte während der Weiterbildung konfrontiert sein?
Schaaf: Ich darf vorausschicken – Es ist mir ein Anliegen, die Aufgabe der Ombudsstelle nicht allein auf die Klärung von Fehlverhalten zu reduzieren. Anlass zur Anrufung ist in der Tat oft vermutetes Fehlverhalten, aber dahinter steckt nicht selten in erster Linie Beratungsbedarf. Basis für die Vermutungen von Fehlverhalten sind manchmal Informationsdefizite auf beiden Seiten. Das macht die kollegiale Beratung zur wichtigen Aufgabe.
Häufigster Grund, die Ombudsstelle anzurufen sind Konflikte zwischen Befugten und in Weiterbildung Befindlichen, die Zeugnisse betreffen. Aber auch Fragen zur Anerkennung von Weiterbildungszeiten, zur konkreten Umsetzung vor Ort oder zu erteilten Weiterbildungs-Befugnissen, sind Anlass die Ombudsstelle anzurufen. Seltener gibt es Anfragen von medizinischen Fachgemeinschaften, deren Arbeit von Vorgaben der Weiterbildungsordnung betroffen ist. Ein buntes Spektrum, fast immer lösbar, meist einvernehmlich.
Und welche Lösungen kann die Ombudsstelle dann gegebenenfalls anbieten?
Schaaf: Ich gehe nach einem strukturierten Stufenplan vor. Den Algorithmus dazu habe ich im aktuellen Bericht der Ombudsstelle für 2024 veröffentlicht.
Anfragen kommen zunächst per Mail zu mir und werden zeitnah, möglichst in weniger als 48 Stunden, zur ersten Klärung beantwortet. Wichtigster Punkt ist im Anschluss die persönliche Kontaktaufnahme. Diese findet meist schriftlich statt, auf Wunsch aber gern auch telefonisch. Es folgt die gemeinsame Identifikation von Handlungsoptionen.
Die sind vielfältig, roter Faden ist immer der kollegiale Kontakt zu den Beteiligten, möglichst ohne Dritte einbeziehen zu müssen. Oft genügt zur Klärung schon die telefonische Kontaktaufnahme und das kollegiale Gespräch mit den Beteiligten. Dabei werden häufig Missverständnisse ausgeräumt, zum Beispiel zu den Vorgaben der Weiterbildungsordnung.
Manchmal gibt es allerdings auch länger währende Schlichtungen, die dann als Vorgang schriftlich bearbeitet werden. Dabei werden die jeweils betroffenen Gremien der BLÄK mit eingebunden. Kommt es auch hier zu keiner einvernehmlichen Lösung, ist das Ombudsverfahren gescheitert. Ich informiere dann beide Seiten über weitergehende Klärungsformen, zum Beispiel via Berufsrecht. Das war bisher nur einmal der Fall. Wobei die Darstellung der Folgeoptionen dann doch zu einer Lösung führte. Was wir explizit nicht anbieten, ist Rechtsberatung.
Frau Bethge, welche Rolle spielt Vertraulichkeit für Ihre Tätigkeit als Ombudsfrau?
Bethge: Vertraulichkeit ist ja Voraussetzung! Vielleicht mögen Frauen sich auch manchmal mit Frauen besprechen. Da ich kein Mandat in der Kammer innehabe, bin ich unabhängig und unbeeinflusst.
Herr Dr. Schaaf, was sind aktuell die größten Herausforderungen der Ombudsstelle? Und wie wollen Sie die Ombudsstelle in den kommenden Jahren weiterentwickeln?
Schaaf: Die größte Herausforderung war, die Ombudsstelle nach ihrer Einführung zu dem zu machen, was wir heute übernehmen dürfen: Eine Anlaufstelle, bei der man auf kollegialen Rat und sachkundige Hilfe trifft. Das haben unsere Vorgänger im Amt Dr. Christiane Eversmann und Professor Dr. Peter Wünsch über annähernd 20 Jahre geschafft. Dafür gebührt ihnen unser Dank.
Aktuell ist die steigende Zahl von Anfragen durchaus herausfordernd. Es vergeht kaum eine Woche ohne Anfragen, aber ich freue mich über diese Akzeptanz. Sie ist nicht nur für die Beteiligten hilfreich, Art und Frequenz der Anfragen bilden die Wirklichkeit in der Weiterbildung quasi „life“ ab. Das versetzt uns in die Lage, das System Weiterbildung zu beobachten und gegebenenfalls bedarfsgerecht anzupassen. Aus diesem Grund wurde die Aufgabe, kumulierte Erkenntnisse anonymisiert an die Kammer zurückzuspiegeln, in die Satzung übernommen. Sinnvoll wäre sicher auch, allgemeine Tipps zu veröffentlichen, wie die häufigsten Kümmernisse vermeidbar sind.
Vielen Dank für das Interview.
Die Fragen stellte Florian Wagle (BLÄK)
Ihr Kontakt zur Ombudsstelle:
Sie wollen Kontakt zur Ombudsstelle für Weiterbildungsfragen aufnehmen? Dann wenden Sie sich per E-Mail an:
ombudsstelle-schaaf(at)blaek.de https://www.blaek.de/weiterbildung/ombudsstelle-fuer-weiterbildungsfragen
oder
ombudsstelle-bethge(at)blaek.de https://api.blaek.de/media/pages/medien/gxyeryr0h215248085958yad8u24xj612/y192mypzbx1695735332xsdiqtftqm707/4dcb9ad894-1728290372/Taetigkeitsbericht_2023-24.pdf
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