Viszeralchirurgie - highlighted
Die Viszeralchirurgie unterliegt einem raschen Wandel, der durch neue Erkenntnisse in der Indikationsstellung, technische Entwicklungen und die Verbesserung der multimodalen und interdisziplinären Therapie der Patienten bedingt ist. Deshalb sind die Behandlungsergebnisse in der Chirurgie, besonders bei komplexen Krankheitsbildern, im besonderen Maße von der Strukturqualität des Zentrums, der Möglichkeit neueste Techniken zu implementieren, der Erfahrung der Operateure und Teams, von hohen Fallzahlen sowie einer exzellenten interdisziplinären und transsektoralen Zusammenarbeit abhängig.
Fall 1 – Zunehmender Unterbauchschmerz unter oraler Antibiotikatherapie
Anamnese und Befunde
Ein 37-jähriger Patient stellte sich in der Chirurgischen Poliklinik mit zunehmenden linksseitigen Unterbauchschmerzen vor. Ein befreundeter Arzt des Patienten hatte vor vier Tagen mit der Arbeitsdiagnose „Darmentzündung“ mit einer oralen Cefuroxim- und Metronidazoltherapie begonnen. Diese hatte subjektiv initial zu einer Besserung geführt, die Beschwerden seien letztlich aber seit knapp drei Tagen deutlich progredient. Klinisch zeigte sich eine Druckdolenz mit lokaler Abwehrspannung im linken Unterbauch. Laborchemisch waren erhöhte Inflammationsparameter zu erheben (Leukozytose 11 G/L, CRP 20 mg/dL). Es wurde eine Computertomografie veranlasst (Abbildung 1), die den Befund einer gedeckt perforierten Sigmadivertikulitis mit Makroabszedierung (Classification of diverticular disease – CDD: Typ 2b) erbrachte.
Verlauf
Aufgrund der noch geringen Größe des Makroabszesses wurde die Antibiotikatherapie zunächst auf eine intravenöse Therapie umgestellt
(Ceftriaxon, Metronidazol) und der Patient stationär betreut. Dies führte zu einer annähernden Beschwerdefreiheit. Es folgte bei annähernd normwertigen Inflammationsparametern und blandem klinischen Befund die Entlassung des Patienten. Vier Wochen danach erfolgte die laparoskopische Sigmaresektion. Der Patient konnte nach sechs Tagen postoperativ entlassen werden. Die Therapie zwischen den stationären Aufenthalten wie auch nach der Entlassung nach der OP wurden durch den Hausarzt durchgeführt.
Diskussion
Die Therapie der Divertikelkrankheit/Divertikulitis des Kolons erfolgt stadiengerecht und ist in der aktuellen S2k-Leitlinie, die die erste deutsche Leitlinie zu diesem Krankheitsbild darstellt, mit Erneuerung der Klassifikation der Divertikelkrankheit (CDD-Klassifikation, Tabelle 1) hinterlegt [1]. Die neuere CDD-Klassifikation differenziert das Krankheitsbild genauer und berücksichtigt ein breiteres Spektrum der Ausprägung der Divertikelkrankheit.
Bei der akuten Präsentation wie im vorliegenden Fall ist bei Verdacht auf Divertikulitis zunächst das Ziel, die Diagnose zu sichern und die unkomplizierte Form (Typ 1) mit lokal begrenzter Entzündungsreaktion des Kolons von der komplizierten Divertikulitis (Typ 2) zu unterscheiden. Bei letzterer besteht Verdacht auf eine gedeckte oder freie Perforation mit Ausbildung von Abszessen bzw. einer Peritonitis. Der Fall zeigt, dass bezüglich der Differenzialdiagnostik des Unterbauchschmerzes auch das Krankheitsbild der Divertikulitis bei jüngeren Patienten unter 40 Jahren in Erwägung zu ziehen ist. Zu beobachten ist diesbezüglich eine Zunahme der Divertikulitis-Inzidenz bei jüngeren Patienten [1]. Das Sigma stellt den häufigsten Ort der Manifestation einer Divertikulitis dar. Aufgrund der Lage- und Längenvariabilität (zum Beispiel Sigma elongatum) sowie der möglichen entzündlichen Mitreaktion der angrenzenden Abdominalstrukturen können sich die Schmerzen auch rechtsseitig, mittig oder in den Mittelbauch projizieren. Auch wenn sich die meisten Patienten mit einer akuten Divertikulitis mit einer unkomplizierten Form präsentieren (welche konservativ, gegebenenfalls unter bestimmten Voraussetzungen sogar ohne Antibiotika therapiert werden kann), ist auch mit Blick auf den Fall anzumerken, dass zur Diagnosesicherung bzw. Ausschluss einer komplizierten Form bei Verdacht auf Divertikulitis ein radiologisches Schnittbildverfahren (Ultraschall, Computertomografie) unbedingt erforderlich ist und „blindes Anbehandeln“ unterlassen werden sollte [1]. Diagnostischer Goldstandard ist die Computertomografie mit intravenöser, oraler und rektaler Kontrastmittelgabe, wobei die Sonografie laut aktueller Leitlinie bei guter Expertise alleinig zur Primardiagnostik eingesetzt werden kann. Die Endoskopie sollte in der Akutsituation unterlassen werden. Ein weiterer Aspekt des vorliegenden Falls ist die mäßige orale Bioverfügbarkeit von Cefuroxim (40 bis 50 Prozent), die bei der Indikationsstellung zu beachten ist [2]. Patienten mit freier Perforation (Typ 2c) müssen notfallmäßig operiert werden. Bei den Typen 2a und 2b ist initial eine intravenöse Antibiotikatherapie unter stationären Bedingungen erforderlich. Gedeckte Perforationen, die zu Makroabszessen führen, können zusätzlich interventionell, zum Beispiel Ultraschall- oder CT-gesteuert punktiert und drainiert werden. So lässt sich in der Akutsituation die OP – und damit das Risiko einer Diskontinuitätsresektion (Hartmann-OP) oder protektiver Stomaanlage – vermeiden und in den meisten Fällen eine elektive, dann meist minimalinvasiv mögliche Operation ohne Stomaanlage nach vier bis sechs Wochen realisieren.
Fall 2 – Akutes Abdomen mit Erbrechen: Ein ganz „normaler“ Ileus?
Anamnese und Befunde
Ein 70-jähriger Patient stellte sich in der Notaufnahme mit seit dem Vorabend progredienten, pan-abdominellen Bauchschmerzen und mehrfachem Erbrechen vor. Er berichtete über Gewichtsverlust von 8 kg in vier Monaten und intermittierend wässrige Diarrhöen. Vorerkrankungen lägen nicht vor, ebenso keine Voroperationen. Eine Koloskopie habe er noch nie durchführen lassen. Klinisch zeigte sich ein distendiertes Abdomen und eine lokale Abwehrspannung im Unterbauch. In der digital-rektalen Untersuchung tastete sich an der Fingerspitze eine derbe Induration. Die hierauf durchgeführte CT-Untersuchung des Abdomens zeigte den Befund eines tiefen Dickdarm-Ileus bei stenosierendem Rektumtumor mit vergrößerten Lymphknoten des Mesorektums und den hochgradigen Verdacht auf eine bilobäre Lebermetastasierung sowie eine Lungenmetastase in den mitabgebildeten basalen Lungenabschnitten. Bildmorphologisch war der Befund somit vereinbar mit einem synchron hepatisch und pulmonal metastasierten, lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinom des unteren oder mittleren Rektumdrittels.
Therapie, weitere Diagnostik und Krankheitsverlauf
Aufgrund der Oligometastasierung des Rektumkarzinoms mit Notwendigkeit einer zeitnahen systemischen Chemotherapie erfolgte in der geschilderten Notfallsituation zunächst die laparoskopische Anlage eines Kolostomas, welche den Ileus effektiv beherrschen ließ. Der Patient erholte sich rasch und erhielt nach Komplettierung der notwendigen Staging-Untersuchungen (unter anderem MRT des Beckens, CT des Thorax, starre Rektoskopie/Endosonografie) nach histologischer Sicherung des sich bei 7 cm ab ano befindlichen Tumors und dessen molekularer Typisierung (BRAF, KRAS und NRAS Wildtyp, MSS) eine Polychemotherapie nach dem FOLFIRI-Schema (Folinsäure [Leucovorin], Fluoruracil [5-FU], Irinotecan). Nach zwölf Zyklen Chemotherapie zeigten sich die klinisch im Vordergrund stehenden Lebermetastasen deutlich regredient, teils nicht mehr nachweisbar. Die im Rahmen der Staging-Untersuchung entdeckten beiden Lungenmetastasen zeigten sich ebenfalls wie auch der Primärtumor im Rektum größen-regredient. Nach interdisziplinärer Übereinkunft in der Tumorkonferenz wurden bei diesem Patienten zunächst die Lebermetastasen komplett entfernt im Sinne eines sogenannten „Liver first“-Ansatzes (zunächst Metastasektomie der Lebermetastasen). Hierzu erfolgte eine Hemihepatektomie rechts mit zwei atypischen Resektionen im Bereich des linken Leberlappens. Somit war die Leber makroskopisch metastasenfrei. In einem zweiten Schritt erfolgte nach neoadjuvanter Radiochemotherapie des Primärtumors im Bereich des Rektums eine laparoskopische tiefe anteriore Rektumresektion mit totaler mesorektaler Exzision (TAR, TME; ypT3, pN2b [11/31], L0, V0, Pn0, R0, CRM negativ). Nachdem sich der Patient hiervon gut erholt hatte, wurden bei Größenkonstanz der zwei Lungenmetastasen ohne neu aufgetretene Manifestationen der Erkrankung die beiden Lungenmetastasen ebenfalls in sano reseziert.
Diskussion
Der geschilderte Fall zeigt, dass Patienten mit einem oligometastasierten kolorektalen Karzinom, die sich im Notfall vorstellen (zum Beispiel Ileus durch stenosierenden Tumor) nicht pauschal als palliativ angesehen werden sollten und die Notfalloperation ein sinnvolles und modernes gesamtonkologisches Konzept miteinbeziehen sollte. Ziel der Primäroperation war die effektive und möglichst minimal-invasive Beseitigung des Ileus, um zeitnah eine effektive bei diesem Patienten notwendige Systemtherapie einleiten zu können. Dies führte durch ein gutes Ansprechen der bilobären Lebermetastasen zu einer im Bereich der Leber resektablen Situation. Da die Tumorlast der Leber quoad vitam die entscheidende Manifestation darstellte, erfolgte hier ein „liver first approach“ mit chirurgischer Clearance (Metastasensanierung) der Leber [3]. Durch neoadjuvante Radiochemotherapie und minimal-invasive Rektumchirurgie konnte in relativ kurzer Zeit eine effektive und schonende Beseitigung des Primärtumors erfolgen. Im letzten Schritt wurden die Lungenmetastasen entfernt [4]. Komplexe, multimodale Tumortherapiekonzepte sollten in einem Darmzentrum geplant und die Therapieentscheidungen interdisziplinär unter Einhaltung entsprechender Standards getroffen werden [5]. Während die operative Behandlung an einem Zentrum erfolgen sollte, wird die Durchführung der postoperativen adjuvanten Chemotherapie von den meisten Patienten heimatnah bevorzugt.
Innovationen in der Rektumchirurgie
Im Bereich der Rektumchirurgie haben sich in den vergangenen Jahren durch neue Studien und technische Innovationen zahlreiche (potenzielle) Änderungen ergeben. Zu diesen gehören:
» Implementierung der minimal-invasiven Rektumchirurgie samt totaler mesorektaler Exzision (TME) beim Rektumkarzinom: Die laparoskopisch durchgeführte Operation gilt bei entsprechender Expertise als onkologisch gleichwertig [6, 7] und bietet darüber hinaus technische (möglicherweise dadurch auch spezifisch onkologische) sowie perioperative Vorteile wie geringeren Schmerzmittelbedarf, rascherer Kostaufbau und zügigere Mobilisation. Darüber hinaus werden derzeit mögliche Vorteile der robotisch-assistierten Rektumresektion (Da-Vinci, Abbildung 2) evaluiert. Im engen anatomischen Raum des Beckens bietet die robotisch-assistierte Resektion möglicherweise technische Vorteile, deren Wertigkeit jedoch derzeit Gegenstand klinischer Studien ist [8, 9].
» Urogenitale und anorektale Funktionsstörungen nach Rektumresektion (zum Beispiel Blasenfunktionsstörungen, Impotenz) sind nach onkologisch radikalen Operationen im Rektumbereich aufgrund der Schädigung bestimmter durch das Operationsgebiet ziehender Nervenbahnen (autonome Nervenplexus) in der internationalen Literatur keine Seltenheit. Hierzu wurde das pelvine intraoperative Neuromonitoring (pIOM) analog zur Schilddrüsenchirurgie etabliert [10] und wird derzeit in Studien auf seine Effektivität hinsichtlich der Vermeidung der oben genannten Komplikationen untersucht. Bei der pIOM-Methode werden mittels Sonden die autonomen Nervenplexus des Beckens während der Resektion stimuliert. Die Messung erfolgt nach Installierung einer Messdrucksonde in der Blase sowie nach Anlage von Elektroden in die Sphinkteren das Anorektums.
» Zur Darstellung der anatomischen Schichten (komplette mesokolischen Exzision – CME, TME), zur Darstellung des Tumors sowie zur Visualisierung der Durchblutung des Rektumstumpfes nach Absetzen des onkologischen OP-Präparates vor Anlage der rektalen Anastomose können im experimentellen Setting Fluoreszenztechniken in der minimal-invasiven Chirurgie eingesetzt werden (Indocyanine-Green, ICG, Abbildung 3)
[11, 12, 13].
Fall 3: Zufallsbefund Bauchspeicheldrüsenzyste – Ein abwendbar gefährlicher Verlauf
Anamnese
Eine 75-jährige Patientin stellt sich mit dem Zufallsbefund einer zystischen Raumforderung im Pankreaskopf in unserer chirurgischen Pankreas-
sprechstunde vor. Diese ist dem Hausarzt bei einem Routineultraschall erstmalig aufgefallen. Die Patientin ist in einem sehr guten Allgemeinzustand und klagt über keinerlei Beschwerden, auch in der körperlichen Untersuchung zeigt sich kein auffälliger Befund.
Diagnostik
Entsprechend der Fukuoka-Leitlinien wird eine MRT und MRCP des Abdomens zur weiteren Einschätzung der Läsion im Pankreas ergänzt [14]. Hier bestätigt sich die aus der Sonografie bekannte septierte Zyste mit Ganganschluss im Bereich des Pankreaskopfes mit einer Ausdehnung von 3,2 x 2,8 cm. Durch den eindeutigen Ganganschluss kann die Läsion damit als intraduktal papillär muzinöse Neoplasie (IPMN) vom Seitengang Typ eingeordnet werden. Des Weiteren zeigt sich eine diskrete Kontrastmittelaufnahme im Bereich der septierten Zystenwand (Abbildung 4 und 5). In der anschließenden Endosonografie zeigt sich die bekannte Seitengangs-IPMN im Pankreaskopfbereich ohne weitere Auffälligkeiten.
Procedere
Nach Sichtung aller Befunde erfolgt die Vorstellung der Patientin in unserer interdisziplinären Tumorkonferenz. Hier wird aufgrund der Größe der Zyste, des Kontrastmittelverhaltens in der MRT sowie aufgrund des guten Allgemeinzustandes der Patientin entsprechend der Leitlinie die limitierte Resektion des Befundes empfohlen. Nach kurzer Bedenkzeit entscheidet sich die Patientin für die operative Entfernung des Befundes.
Therapie
Die Patientin wird elektiv zur operativen Entfernung der Seitengangs-IPMN stationär aufgenommen. Intraoperativ bestätigt sich die präoperative Einschätzung, dass sich die peripher gelegene Zyste im Pankreaskopf mit einer limitierten Resektion im Sinne einer Enukleation ohne Resektion von gesundem Pankreasgewebe sicher entfernen lässt (Abbildung 6 und 7). Die spätere histologische Untersuchung ergibt ein Seitengangs-IPMN vom intestinalen Typ mit mäßiggradiger und fokal hochgradiger Dysplasie ohne Nachweis eines Karzinoms. Der postoperative Verlauf der Patientin ist unauffällig mit einer Entlassung nach Hause am zehnten postoperativen Tag.
Abbildung 6: Intraoperativer Situs. Enukleation eines Seitengang-IPMNs ohne Resektion von gesundem Pankreasgewebe am Pankreaskopf dorsal, Pankreasgang freipräpariert.
Abbildung 7: Endergebnis Enukleation eines Seitengang-IPMNs am Pankreaskopf.
Fazit und Diskussion
Zystische Neoplasien des Pankreas werden in der Klinik zunehmend häufig beobachtet, was maßgeblich auf die bessere Qualität der zur Verfügung stehenden bildgebenden Verfahren und der häufigeren Abklärung unklarer abdomineller Beschwerden mittels Bildgebung zurückzuführen ist [15]. Da Zysten und zystische Strukturen des Pankreas im Alter zunehmen, ist die Inzidenz auch real steigend. Die Computertomografie, Kernspintomografie sowie die Ultraschalluntersuchung werden aktuell sowohl in der Primärdiagnostik als auch in der Nachsorge generell wesentlich häufiger angewandt, wodurch zystische Veränderungen des Pankreas heute oft als Zufallsbefunde in der abdominellen Schnittbilddiagnostik diagnostiziert werden [16]. Es wird heute davon ausgegangen, dass bei bis zu 30 Prozent aller Menschen zystische Läsionen im Pankreas vorliegen. Die klinische Beurteilung dieser zystischen Neoplasien des Pankreas stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar, da einige der zystischen Veränderungen ein nicht unerhebliches Malignitätsrisiko aufweisen, während der Großteil der zystischen Läsionen aber als benigne einzuschätzen ist. Aufgrund dieses Malignitätspotenzials einiger Zysten hat die chirurgische Resektion einen wichtigen Stellenwert in der Therapie von zystischen Läsionen des Pankreas. Zur weiteren Charakterisierung unklarer zystischer Läsionen des Pankreas kann nach einer MRT mit MRCP, die Endosonografie mit gegebenenfalls endosonografisch gesteuerter Punktion der Zyste hilfreich sein. Hier ist insbesondere der CEA-Spiegel in der Zystenflüssigkeit von Relevanz, da man ab einem Wert von < 5 ng/ml von einer serösen Zyste ohne relevantem Malignitätspotenzial ausgegangen werden darf [16]. Muzinöse Zysten hingegen können möglicherweise ein höheres Malignitätspotenzial aufweisen. Leider ist aber trotz aller Anstrengungen bis heute eine sichere diagnostische Differenzierung der verschiedenen Tumorentitäten wie auch die Differenzierung von benignen und potenziell malignen Zysten präoperativ nicht immer möglich. Letztlich ist die Abschätzung des individuellen Malignitätsrisikos und damit die Indikationsstellung zur Operation (versus Observation) die entscheidende klinische Fragestellung [17]. Diese individuelle Abschätzung kann nur durch ein interdisziplinäres Expertenteam getroffen werden (meist nur an großen Pankreaszentren). Darüber hinaus sollte auch die Therapie, insbesondere die in dem Fall geschilderte organerhaltende Operation an der Bauchspeicheldrüse nur an Zentren mit entsprechender Erfahrung durchgeführt werden, da sie technisch erheblich anspruchsvoller sind als Standardresektionen. Bei dem hier geschilderten Fall konnte durch die Entscheidung zur Operation ein prämaligner Tumor der Bauchspeicheldrüse durch eine organerhaltende Operation noch vor einer malignen Entartung vorzeitig entfernt werden und damit die Entstehung eines Pankreaskarzinoms verhindert werden.
Das Wichtigste in Kürze
Die Sigmadivertikulitis ist eine der häufigsten entzündlichen Erkrankungen des Abdomens. Die neue CDD-Klassifikation berücksichtigt ein breiteres Spektrum der Ausprägung der Divertikelkrankheit, welche stadiengerecht behandelt werden sollte.
In der oligometastasierten Situation des kolorektalen Karzinoms kann in vielen Fällen durch interdisziplinäre und multimodale Therapie eine Heilung erreicht werden.
Obwohl in Notfallsituationen wie zum Beispiel einem Ileus das primäre Ziel der Operation klar umschrieben ist, sollte bereits zu diesem Zeitpunkt durch den Chirurgen die Operationsstrategie an die Grunderkrankung und das Gesamtkonzept der Therapie angepasst werden.
Neue Operationsmethoden und OP-Techniken inklusive minimal-invasive Chirurgie, robotisch-assistierte Chirurgie, Neuromonitoring oder spezielle Fluoreszenzfärbungen erlauben exaktere und funktionserhaltende Resektionen auch bei großen viszeralchirurgischen Eingriffen und sollten zunehmend zur Routine gehören.
Pankreaszysten sind bei ca. 30 Prozent aller Menschen detektierbar und werden meist als Zufallsbefund im Rahmen einer Schnittbilddiagnostik wegen unspezifischer Abdominalbeschwerden festgestellt. Eine Abklärung dieser Zysten sollte in Pankreaszentren erfolgen, um Zysten mit Malignitätspotenzial frühzeitig zu erkennen und die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms zu vermeiden. Während die meisten Zysten lediglich beobachtet werden sollten, ist die operative Therapie sehr komplex und reicht von organ- und funktionserhaltenden Operationen bis hin zu radikalen onkologischen OP-Techniken.
Die Ergebnisse von chirurgischen Interventionen sind besonders bei komplexen Operationen von der Strukturqualität des Zentrums, der Erfahrung der Teams sowie der Fallzahl abhängig.
Das Literaturverzeichnis kann im Internet unter www.bayerisches-aerzteblatt.de (Aktuelles Heft) abgerufen werden.
Die Autoren erklären, dass sie keine finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten haben, deren Interessen vom Manuskript positiv oder negativ betroffen sein könnten.
Autoren
Universitätsprofessor Dr. Jens Werner
Privatdozent Dr. Jan D’Haese
Privatdozent Dr. Tobias Schiergens
Korrespondenzadresse:
Universitätsprofessor Dr. Jens Werner, MBA
Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
LMU, Klinikum der Universität München,
Campus Großhadern, Marchioninistr. 15, 81377 München, Tel. 089 4400-72790,
Fax 089 4400-78893, E-Mail:
Jens.Werner(at)med.uni-muenchen.de
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