Wertschätzung von Öffentlichkeit und Politik!

Dr. Gerald Quitterer, Präsident der BLÄK

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in der konstituierenden Vollversammlung am 3. Februar wurde ich zum Präsidenten der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) gewählt. Mit großer Freude trete ich dieses Amt an. In der Berufspolitik bin ich kein Neuling. Ich kann auf eine breite Erfahrung aus meiner Tätigkeit im Hausärzteverband, der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) und der BLÄK zurückgreifen. Mein Engagement gilt der Vertretung der gesamten Ärzteschaft: Haus- und Fachärzten – ebenso wie Klinikärzten.
 
Was ich noch bewegen möchte:

» Ärztlicher Nachwuchs: Wir brauchen mehr Ärzte. Und wir wollen sie in Deutschland ausbilden. Dafür müssen mehr universitäre Studienplätze für Medizin geschaffen werden. Die Zugangsberechtigungen zum Studium sind, gemäß der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, neu zu formulieren.

» Weiterbildung: Die neue (Muster-)Weiterbildungsordnung muss jetzt endlich beschlossen und umgesetzt werden. Die junge Generation von Ärztinnen und Ärzten und auch die Weiterbilder erwarten das von uns. Sie müssen sich an den neuen Inhalten und Kompetenzen orientieren können.

» Mitgliederbetreuung: Die Kolleginnen und Kollegen sollten feste Ansprechpartner in der BLÄK vorfinden, gerade bei Fragestellungen, die mehrere Sachgebiete betreffen. Es soll rasche Termine für Facharztprüfungen geben und einen Abbau der Bürokratie bei Anträgen. Ein Patenprogramm wäre genauso wünschenswert wie die Einführung eines Beschwerdemanagements für die Ärzte.

» Bezirke: Ich möchte die Anliegen der ÄBV-Vorsitzenden noch mehr in den Vordergrund stellen. Sie halten über die ÄKV den Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen vor Ort.

» KVB:Die Zusammenarbeit mit der Schwesternkörperschaft ist mir wichtig. Aus Erfahrung weiß ich deshalb, dass es leichter und effektiver ist, sich Herausforderungen gemeinsam zu stellen. Ganz aktuell in der Versorgung von Notfallpatienten.

» Politik: Die Verbindung zur Politik wird insbesondere durch die Persönlichkeiten unserer Gesundheitsministerin Melanie Huml und unseres ehemaligen Präsidenten Max Kaplan getragen. Beide haben dieses gute Verhältnis zur BLÄK geschaffen, das ich pflegen möchte.

» Niedergelassene: Die niedergelassenen Ärzte stellen die tragende Säule der ambulanten Behandlung in Deutschland dar. Die Vergütung hat sich am Versorgungsbedarf zu orientieren. Insbesondere an der Betreuung einer steigenden Zahl älterer und multimorbider Patienten, auch in Palliativsituationen.

» Krankenhaus: Die Versorgungssektoren rücken zusammen und es gilt, die Nahtstellen mit geeigneten Konzepten zu verbessern. In den Kliniken ist mir das Arbeitsumfeld für die dort tätigen Kolleginnen und Kollegen wichtig. Sparvorgaben von Klinikleitungen dürfen sie nicht unter ökonomische Zwänge stellen. Deshalb ist unter Umständen das derzeitige DRG-System auf den Prüfstand zu stellen.

» GOÄ: „Warten auf Godot!“ Wir haben genug gewartet. Die neue Gebührenordnung für Ärzte muss kommen. » Europa: Wir werden die Freiheit unseres Berufes und die Unabhängigkeit unserer BLÄK gegen die Europäische Kommission verteidigen.

» Digitalisierung: In einer Zeit fortschreitender Digitalisierung bedarf es der Weitsicht, Nutzen und Vorteile zu erkennen, die diese Technik für unsere Praxen und in der Patientenbetreuung bedeuten kann. Wie begegnen wir dem Thema „Gesundheitskarte“, wenn darüber eine Patientensteuerung im Sinne der Krankenkassen erfolgen soll? Wie der Telemedizin? Digitalisierung hat meines Erachtens nur dann einen Sinn, wenn sie den Ärzten nützt, sie nicht zusätzlich belastet und kein zusätzliches Geld kostet. Hier gilt es, mitzuentscheiden, um nicht plötzlich vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, beispielsweise dass Fernbehandlung und Speicherung von Patientendaten nicht mehr in unserer Hand liegen.

» Ärztliche Kooperationen und Assistenzberufe: Neue Formen der ärztlichen Kooperation – wir sehen heute schon eine Zunahme angestellter oder in Teilzeit tätiger Ärztinnen und Ärzte – wie auch der Zusammenarbeit mit nichtärztlichen Assistenzberufen werden die medizinische Versorgung der Zukunft darstellen. Eine sinnvolle Verteilung und Delegation von Aufgaben kann dabei Ressourcen schonen. Sie bietet Zeit und Raum für unsere originären ärztlichen Aufgaben. Diese müssen klar abgesteckt und vor äußeren Zugriffen gesichert sein. Substitution ärztlicher Leistung darf es nicht geben.

» Ökonomisierung: Die zunehmende Ökonomisierung im Gesundheitswesen sehe ich bedenklich. Meiner Ansicht nach gefährdet sie die Freiheit der ärztlichen Entscheidung und leistet einer Deprofessionalisierung unseres Berufsstandes Vorschub. Wir sind keine Leistungserbringer, wir sind Ärzte.

Von diesen Entwicklungen sind wir alle betroffen: Hausärzte wie Fachärzte und Klinikärzte, Selbstständige wie Angestellte und im Gesundheitsdienst Tätige, Ärzte in Forschung, Wissenschaft und Lehre. Bei allem Respekt unserem Beruf gegenüber und der nötigen Demut sind wir es, die eine medizinische Versorgung auf höchstem Niveau sicherstellen. Und dies verdient Wertschätzung von Öffentlichkeit und Politik. Die Freiberuflichkeit des Arztes muss bestehen bleiben! Dazu brauchen wir eine starke Berufsvertretung, die sich nicht in Splitterinteressen verliert, sondern die ihre Gemeinsamkeiten als ihre größte Stärke begreift.

Ich bin Gerald Quitterer, 61 Jahre, Facharzt für Allgemeinmedizin, niedergelassen in einer Gemeinschaftspraxis in Eggenfelden. Ich bin seit 42 Jahren verheiratet und Vater von vier erwachsenen Kindern.

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